„Mehr Licht“ sollen die letzten Worte von Johann Wolfgang von Goethe gewesen sein. War Goethe der erste große Vordenker der Fotografie?
Wir wissen es nicht, aber für mich sieht es fast so aus. Wenn man sich näher mit seiner Farbenlehre beschäftigt, dann wird deutlich, dass Goethe sich für die Farbwahrnehmung und die Gestaltung sehr interessierte.
In dem Wikipedia-Artikel wird zum Erschließen der emotionalen Basis seines Interesses ein Zitat gebracht:
„Auf einer Harzreise im Winter (29. November bis 16. Dezember 1777) stieg ich gegen Abend vom Brocken herunter, die weiten Flächen auf- und abwärts waren beschneit, die Heide von Schnee bedeckt, alle zerstreut stehenden Bäume und vorrangenden Klippen, auch alle Baum- und Felsenmassen völlig bereift, die Sonne senkte sich eben gegen die Oderteiche hinunter.
Waren den Tag über, bei dem gelblichen Ton des Schnees, schon leise violette Schatten bemerklich gewesen, so mußte man sie nun für hochblau ansprechen, als ein gesteigertes Gelb von den beleuchteten Teilen widerschien. Als aber die Sonne sich endlich ihrem Niedergang näherte und ihr durch die stärkeren Dünste höchst gemäßigter Strahl die ganze, mich umgebende Welt mit der schönsten Purpurfarbe überzog, da verwandelte sich die Schattenfarbe in ein Grün, das nach seiner Klarheit einem Meergrün, nach seiner Schönheit einem Smaragdgrün verglichen werden konnte.
Die Erscheinung ward immer lebhafter, man glaubte sich in einer Feenwelt zu befinden, denn alles hatte sich in die zwei lebhaften und so schön übereinstimmenden Farben gekleidet, bis endlich mit dem Sonnenuntergang die Prachterscheinung sich in eine graue Dämmerung und nach und nach in eine mond- und sternhelle Nacht verlor.“
Damit sind wir dort, wo wir Goethe ergänzen können. Was Goethe hier in Worte fasste, können wir heute mit digitalen Kameras in Bilder packen.
Wer also auf Goethes Spuren wandeln will, der findet in diesem Zitat die Aufforderung beim nächsten Schnee gegen Abend zum Brocken zu fahren und ein Bild zu machen, das die Feenwelt von Goethe einfängt.
Das ist doch einmal eine Aufgabe, die sich literarisch und fotografisch lohnt!