Online-Journalisten dürfen in die Künstlersozialkasse

Endlich. Das war ein langer Streit, der erst beim Bundessozialgericht entschieden wurde. Bis dahin hatte es die Künstlersozialkasse offenbar abgelehnt, Menschen aufzunehmen, die eigene Weblogs beruflich betreiben und durch den Verkauf von Werbeflächen dort Einnahmen erzielen, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen für die KSK erfüllten.

Darüber wurde auch hier schon mehrfach berichtet. Am 21. Juli 2011 wurde nun ein wegweisendes Urteil veröffentlicht über die Versicherungspflicht des werbefinanzierten Online-Journalismus.

Dort heisst es: “ Zu den im Rahmen von § 1 Abs 1 Nr 1 iVm § 3 Abs 1 Satz 1 Künstlersozialversicherungsgesetz berücksichtigungsfähigen Einnahmen „aus“ einer publizistischen Tätigkeit zählen nicht nur die im unmittelbaren Zusammenhang mit der publizistischen Tätigkeit, dh „für“ diese Tätigkeit, erzielten Einkünfte aus der Veräußerung von Beiträgen an andere Website-Betreiber, sondern auch die in einem mittelbaren Zusammenhang mit der publizistischen Tätigkeit stehenden Einnahmen aus dem Verkauf von Werbeflächen auf der eigenen Website. Analog zu dem in § 14 SGB IV definierten Begriff des Arbeitsentgelts, der alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung erfasst, unabhängig davon, ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden, ist auch der Begriff des Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV) „aus einer selbständigen künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit“ auszulegen. Zwischen den vom Kläger aus dem Verkauf von Werbeflächen erzielten Einnahmen und seiner primären publizistischen Arbeit besteht ein untrennbarer wirtschaftlicher und inhaltlicher Zusammenhang, aufgrund dessen die „Werbeeinnahmen“ dem von einem Verlag oder einer Redaktion für eine publizistische Leistung ge­zahlten Honorar vergleichbar und somit als Einnahmen „aus“ publizistischer Tätigkeit zu werten sind. Wirtschaftlich ist die Refinanzierung einer über das Trägermedium „Internet“ ausgeübten journalisti­schen Tätigkeit durch Werbeeinnahmen wegen der dort vorherrschenden kostenfreien Verfügbarkeit von Informationen („Gratiskultur“) eine notwendige Bedingung für die Ausübung dieser Tätigkeit. “

Auch die Künstlersozialkasse selbst hat dies nun veröffentlicht und schreibt: „Das Bundessozialgericht hat damit in letzter Instanz die bisherige – von mehreren Sozialgerichten bestätigte – Rechtsauffassung der Künstlersozialkasse verworfen. Danach war nicht als Publizist nach dem KSVG zu versichern, wer zwar journalistisch, redaktionell, wortgestaltend arbeitet, Einnahmen aber nicht als Gegenleistung für die journalistischen Arbeiten erzielt, sondern indirekt über Werbung.“

Insofern ist nun ein echter Erfolg für den Bereich des Online-Journalismus erzielt worden.

Rechtsanwalt Andri Jürgensen hat auf seinem Blog darauf hingewiesen, daß die KSK seit einiger Zeit wesentlich strenger verfährt, „wenn es um das Unterschreiten des Mindesteinkommens von 3.900 € p.a. geht.“

Daraus ergeben sich aber Fragen. So wäre es sinnvoll, wenn möglichst viele Online-Journalisten ihre Seiten gemeinsam als Paket vermarkten. Selbst wenn der einzelne Blog nicht so frequentiert wird, wäre aber die Anzeigenschaltung auf einer höheren Menge von Blogs eine gute Sache für die Online-Publizisten und umgekehrt auch für die Vermarkter.

Allerdings wäre es wie bei Tarifverhandlungen. Man müsste sich auf einen akzeptablen Preis für die Werbung einigen. So wären wohl Tarifverhandlungen mit Google und anderen regionalen Vermarktern angesagt. Dies wiederum würde eine echte Veränderung im Netz und mittelfristig weltweit bei den Menschen und ihren Möglichkeiten bewirken.

Man könnte umgekehrt natürlich auch als Interessengemeinschaft der Blogvermarkter auftreten, um so etwas anzubieten parallel zu Google und anderen. Technisch wäre es auch einfach. Es würde ein Script eingebaut, dies ginge sogar über den einfachen HTML Befehl zum Bildholen von einer anderen Seite, und würde dann von einer Seite, auf der die Werbegrafiken liegen, automatisch immer das aktuelle Bild einbinden. Bezahlt würde nach Zeit und nicht nach Klicks, also z.B. pro Woche. Natürlich gäbe es noch Dinge drumherum wie das Verbot, einfache Contentseiten zu nutzen statt eigener Blogbeiträge, aber dies alles wäre leistbar und ohne grossen Aufwand möglich.

Schön gedacht! In der Realität sind die meisten Blogger ja sogar zu geizig, freundliche und viele Links auf gute Artikel von anderen Bloggern zu verteilen, weil sie glauben, dann bei Suchmaschinen im Ranking eine Stufe runterzufallen. Denn sie denken ja, dass Verlinkungen bei Google das Ranking erhöhen.

Klug wäre das Verteilen vieler Links untereinander, um sich gegenseitig zu stützen (das nennt man digitale Solidarität). Und solange selbst bei Verlinkungen gegeizt wird, braucht man sich über höhere Preise und andere Gestaltungsmöglichkeiten von Werbung gar keinen Kopf machen.

So ist die digitale Welt eben eine von Menschen gemachte Angelegenheit, in der irgendwie auch ein Teil der Wahrheiten der analogen Zeit gelten, nur eben globalisiert. Aber der Trick bei der Globalisierung besteht ja darin, dass es trotzdem nur regional geht, selbst google und bing haben das umgesetzt, weil Menschen vor Ort sind und bleiben.

 

 

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