von der Leica M6 zur Lumix DMC-L1 – Foto: Michael Mahlke
Digitale Oldtimer werden aktuell
Manchmal erleben verschiedene Menschen dasselbe. Immer wieder und in letzter Zeit verstärkt „spiele“ ich mit der Panasonic DMC-L1. Die gab es auch als Digilux 3. Alle Fotos, die ich damit gemacht habe, waren irgendwie besonders schön. Sie hatten einen besonderen Zauber.
Aber als ich dann die Erfahrung machte, dass in der Strassenfotografie unauffälliges Fotografieren aus der Nähe nur noch mit handyähnlichen Kameras möglich ist und in der Reisefotografie das „standardisierte“ Weitwinkelbild geliebt wird, suchte ich andere Kameras.
Doch der Geschmack an grossen Kameras kam zurück und die Bilder der DMC-L1 hatten immer einen besonderen Schick, den ich mit keiner anderen Kamera hinbekam. Selbst die Nachbearbeitung mit digitalen Filtern veränderte die Fotos anderer Kameras nicht so, dass ich sagen könnte, ja es ist praktisch gleich.
Digitale Oldtimer haben Charme
Und jetzt schreiben wir das Jahr 2012 und plötzlich veröffentlicht C. Garrard einen Artikel über die DMC-L1. Man muss sich natürlich fragen, warum macht Carl Garrard das. Das kann ja auch PR sein, wenn Panasonic eine DMC-L2 plant und die alte Kamera aktualisiert bewertet und in die fotografische Diskussion gebloggt werden soll. Das kann so sein. (Nachtrag 2015: Und tatsächlich kam 2013 die GX7 heraus)
Es kann aber auch sein, dass da einfach jemand einen Artikel über eine Kamera schreibt, die ihm gefällt und die auch noch mal gewürdigt werden soll im Ozean der fotografischen Nachrichten. Das hat Mr Garrard früher auch schon getan. Ich erinnere an seinen sehr substanziellen Artikel zur GX200/GX300.
Wir werden sehen, was davon stimmt. Aber davon abgesehen gibt es in dem Artikel Argumente, die auch meine wären.
Warum?
Auch er schreibt vom Zauber, den die Fotos dieser Kamera ausstrahlen und von dem besonderen Gefühl, mit dieser Kamera zu fotografieren.
Was dem einen sein Oldtimer, ist dem anderen seine digitale Oldtimer-Kamera. Und es scheint, dass langsam die Zeit beginnt, bei der ältere digitale Kameras noch einen hohen Nutzwert haben und die Zeit der digitalen Oldtimer beginnt.
Die Digitalkameras der ersten Jahre waren von den Versuchen mit der neuen Technik bestimmt. Und die Kameras mit bis zu 5 Megapixel waren zwar für den Monitor gut nutzbar aber für Ausdrucke weniger.
Seit es mehr als 5 Megapixel gibt und seit die Modelle technisch, optisch, sensormässig und softwaremässig ausgereifter wurden, entstanden dann Kameras, die heute ebenso nutzbar sind wie neue Modelle. Der meistens einzige echte Unterschied für das Fotografieren ist die ISO-Zahl bei schlechtem Licht.
Der ISO-Faktor
Man kann mit allen älteren Modellen mit niedrigen ISO auf Stativ hervorragende Fotos machen bei unbewegten Objekten. Nur bei bewegten Objekten im Schummerlicht geht es nicht mit hohen ISO und kurzen Verschlusszeiten. Dafür gibt es heute eben Kameras wie die D3S, die das können. Aber wer will so eine Kamera dabei haben?
Hinzu kommt natürlich, dass man die älteren Kameras mit mehr als 5 Megapixel auch noch in zehn oder zwanzig Jahren nutzen kann für Web und Druck. Und wenn immer mehr ins Web verlagert wird, dann wohl noch länger.
Zudem wird es sicherlich irgendwann auf minimale Unterschiede bei der Darstellung digitaler Fotos am Monitor und im Netz ankommen. Dann wird auch deutlich werden, dass digitale Filter nicht alles können.
In diese Kategorie der digitalen Oldtimer gehören sicherlich u.a. auch die Sony DSC-R1, von Canon die EOS 5D und die EOS 40D, die Sigma DP1s und die Olympus E400. Sie haben alle bemerkenswerte Chips, die die Kameras für Kenner auf Fotos auch heute noch eindeutig identifizierbar machen.
Nur Erfahrung zählt
Aber was ich hier schreibe, ist nicht durch Tests erfahrbar und erlebbar. Es ist die Folge
- von Erfahrung durch die Benutzung verschiedener Kameras in unterschiedlichen fotografischen Situationen,
- das Betrachten sehr unterschiedlicher Fotos verschiedener Kameras im Vergleich
- und das Gefühl für technisch-fotografische Zusammenhänge
So wird dann aus einer vermeintlich alten Kamera ein Luxusobjekt der digitalen Oldtimerszene. Dabei sind es eben nicht die teuersten Kameras, um die es geht. Sondern es sind besondere Kameras mit heute nicht mehr hergestellten Sensoren, die für besondere Fotos und besonderes Fotografieren stehen. Das ist natürlich auch in der analogen Ära so gewesen.
Der Genuss, Momente mit einer Kamera festzuhalten, die über besondere Merkmale verfügte oder die dem Fotografierenden einen besonderen Zugang vermittelte für das Festhalten der Motive oder die Gestaltung – das ist und bleibt etwas besonderes.
Es gibt bei den grossen Fotocommunities schon länger Treffen von Analogfotografen, die sich speziell auf ein Modell konzentriert haben und dann als Gruppe damit Fotos machen und sich danach zusammensetzen. Das wird es sicherlich in absehbarer Zeit auch für digitale Kamera-Oldtimer geben. Vielleicht gibt es dann Aufrufe zum Fototreff auf der Kö/ am Dom oder in Elberfeld, um die Wirklichkeit mit dem Sensor einer DMC-L1/Digilux 3 gemeinsam festzuhalten und danach ein Alt/Kölsch oder einen guten Kaffee zu trinken.
So bieten sich völlig neue Möglichkeiten, dabei zu sein, und auch danach online Bilderwelten auszutauschen und die Freude am Fotografieren mit diesen digitalen Oldtimern zu pflegen.
Ähnliche Gedanken gingen mir durch den Kopf als ich per Fotomagazin die Weiterentwicklungen der Digital-Kameras mitbekam.
So wie Polaroid-Aufnahmen Thema im Kunstpalast waren, werden wir auch einmal Foto-Ausstellungen sehen mit Bildern, die mit den Digital-Kameras der allerersten Digi-Zeit geschossen wurden.