Eros und Stasi – Ostdeutsche Fotografie, Sammlung Gabriele Koenig

„Der Gegensatz von Eros und Stasi, wie ihn der Titel nahelegt, entspricht einer Gegenüberstellung zweier Bereiche, die unvereinbar scheinen… Gemeinsam mit der Sammlerin haben wir uns entschieden, die über 100 Fotogafien so zu gruppieren, dass der Besucher eine Handreichung zur leichteren Lesbarkeit der Ereignisse bekommt.“

Diese Worte von Dr. Brigitte Franzen, Direktorin des Ludwig Forum für Internationale Kunst in Aachen, zeigen präzise den Ansatz und Rahmen des Buches.

Die Sammlerin Gabriele Koenig stellte diese Bilder zur Verfügung. Namen wie Arno Fischer, Ursula Arnold, Sibylle Bergemann, Evelyn Richter, Ulrich Wust, Ute Mahler, Will McBride, Helga Paris und Roger Melis zeigen den Bogen der Bilder und der fotografischen Ansätze.

Das Buch ist ein fotografischer Schatz ostdeutscher und deutscher Fotografie, weil es zeigt, wie gute Fotos ohne viel Technik entstehen können.

Wer wissen will, wie einfach gute Fotos aussehen, wie man Porträts ohne Studio macht oder wie man Menschen aufnimmt und damit eine Geschichte erzählt, der ist hier richtig.

Eros nimmt wenig Platz ein, Stasi auch, aber die DDR in vielen Facetten und an Plätzen, die man selber nicht besuchen konnte, sind gut und interessant vertreten.

Wenn  man sich die Frage stellt, was macht ein gutes Foto aus und sich dann die Fotos in dem Buch aus dem Kehrer Verlag anschaut, dann wird klar,  worauf es ankommt: authentisch, der Situation entsprechend und den Moment gut eingefangen.

Die Sammlerin hat gut gesammelt mit einem Gespür für gute Fotografie, authentisch, dokumentierend und klar. Hier wird mit Licht gemalt.

Das Buch hat dadurch einen Lehrbuchcharakter für Menschen, die wissen wollen, wie man mit einfachen Mitteln hochklassige Fotografie schaffen kann. Ob man damit heute Geld verdienen kann, ist eine andere Frage.

Wenn man ein Foto sieht, auf dem eine Frau natürlich schön vor einem Sofa steht, und man auf derselben Art von Sofa gesessen hat, dann bekommt man schnell einen persönlichen Bezug. Vor allem, wenn das Sofa (und der Ofen) vielfach in der DDR vorhanden waren und die Lebensweise damals zeigen. Damit transzendieren die Fotos den damaligen Alltag und gestalten ihn zugleich.

Es sind diese vielen Kleinigkeiten bis hin zum Schulranzen der Kinder (so einen hatte ich auch von meiner Oma aus der DDR, weil meine Eltern sich einen westdeutschen Ranzen nicht leisten konnten), die dem Buch auch einen persönlichen Erinnerungswert verschaffen.

So ist dieses Buch auch gut nutzbar als ein Stück Aufarbeitung persönlicher Lebensgeschichte. Aber es ist natürlich in erster Linie ein Fotografiebuch. Und es zeigt den klaren Blick der beteiligten Fotografinnen und Fotografen.

Das Buch Eros und Stasi hebt sich für mich wohltuend ab, es ist ungeschminkt schön.

 

Eros und Stasi
Herausgeber: Gabriele Koenig
Autoren: Brigitte Franzen, Ditmar Schädel
ISBN 978-3-86828-216-0

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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