Ein persönlicher Blick auf die nächste Zeit im Konsumerbereich (private Endkunden)
Das Jahr wirft große Schatten voraus. Es wird ein Feuerwerk an „neuen“ Kameras geben. Dabei ist vielfach „neu“ ein anderes Design wie bisher, in der Software ein neues Feature (Element) und ein bisschen was auf dem Chip, das vielfach praktisch so gut wie irrelevant ist. Es macht daher auch keinen Sinn, möglichst viele Kameras hier zu testen. Denn die Aussagekraft von Tests ist oft viel zu gering. Daher will ich hier ein paar Gedanken vorstellen, die man immer nutzen kann, um im Angesicht überquellender Fotoläden zu der Kamera zu kommen, die man wirklich haben will.
Was ist „neu“?
„Neu“ ist semantisch (inhaltlich) sehr oft falsch besetzt.
Ein Beispiel: Bis vor kurzem hatten viele Kameras einen vernünftigen Handgriff, so dass man sie gut halten konnte. Heute sind die meisten „neuen“ Kameras so flach und ohne Handgriff, dass man sie nicht mal mehr richtig anpacken kann. „Neu“ ist eben oft nicht besser wie allein dieses kleine Beispiel zeigt.
Wieviel Kamera ist überhaupt möglich?
Wenn ich eine fast beliebige kleine Kompaktkamera mit einer Vollformatkamera vergleiche – z.B. hier – dann sehe ich, dass bei niedrigen ISO bis ca. 200 so gut wie überhaupt kein sichtbarer Unterschied auf den Fotos zu finden ist. Natürlich kann ich dann sagen, ich will eine Kamera, die besser ist als das menschliche Auge – aber was bringt mir das?
Hinzu kommen die vielfachen Beschränkungen des Menschen durch die Vorgaben der Biologie, Natur und Technik.
Die 500 Euro-Grenze
Wenn man nun schaut, wie sich die Kamerapreise entwickelt haben, dann wird deutlich, dass es Relationen gibt zwischen Preis und Leistung in der Fotografie. Nehmen wir als Beispiel die D3100 von Nikon, die ja auch bei den Verkaufszahlen je nach Region sehr weit oben liegt. Mir gefällt die Kamera auch sehr gut und sie hat durch ihren grossen Chip und ihr Handling im Prinzip alles, was man bei einer Kamera mit gutem und schlechtem Licht braucht. Sie liegt mit Objektiv ungefähr um die 500 Euro. Und sie überschreitet schon vielfach die Möglichkeiten des menschlichen Auges und der Darstellung am PC und beim Druck.
Wenn man diese Kamera und ihre Technik als Optimum im Verhältnis von Geld und Leistung im Bereich der Fotografie sieht, dann kann man von dort gut Relationen bilden.
Theoretisch müssten Kameras, die teurer sind, auch technisch besser sein. Aber viele sind ja wohl eher nur vom Design anders. Natürlich gibt es auch technisch bessere Kameras. Die Frage ist dann nur, wieviel Preisdifferenz macht Sinn für wieviel Mehrwert. Denn es geht ja nicht um die Kamera, die am Nordpol einsatzbereit ist, sondern unterwegs in der Stadt und auf der Strasse.
Daraus schließe ich: So kommt wie in der Mode, neudeutsch Fashion, der Preis wohl weniger wegen der Technik sondern mehr wegen des Designs zustande. Wieviel Aufpreis ist Ihnen denn Design wert?
Wenn wir bei Nikon bleiben und uns nur die J1 und V1 anschauen, dann frage ich mich, wieso diese Kameras mehr kosten als die D3100. Fotografisch betrachtet müssten sie eigentlich zwischen 200 und 400 Euro kosten mit Objektiv – maximal.
Ähnlich interessant wird es dann bei den Systemkameras. Sie sind teilweise sehr hochpreisig, aber warum eigentlich? Welchen fotografischen Nutzen haben sie, der dies alles rechtfertigt? Und wieso kostet eine Systemkamera mehr als eine D3100? Offenkundig geht es auch hier ums Design und den Wunsch, Neues zu haben, das anders ist.
- Nehmen wir als Beispiel die Powershot G1X von Canon. Ist sie mehr als 500 Euro wert? Natürlich kann man, weil sie neu ist, für das Neue einen Aufpreis zahlen – wenn man will. Aber verglichen mit fotografischen Kriterien wäre zu fragen, welchen Mehrwert sie gegenüber der D3100 hat?
- Oder nehmen Sie die Fuji X-Pro 1? Ist sie diesen hohen Preis wert? Was hat sie so besonderes, dass ein Preis jenseits aller Systemkameras und semiprofessioneller DSLRs definiert wird?
- Das wird spannend. Angeblich soll Olympus eine digitale OM-D auf den Markt bringen mit eingebautem elektronischem Sucher. Wieviel wird diese Kamera kosten? Wenn wir auf die D3100 oder die Panasonic G3 schauen, dann dürfte diese Kamera nicht mehr als maximal 550 Euro mit Objektiv auf der Strasse kosten.
Es hilft ungemein, mit diesem Raster über Preise und Wünsche zu sprechen. Wenn Geld aber keine Rolle spielen sollte, dann ist dies alles hier natürlich irrelevant.
Die 100 Euro-Grenze bei Kompaktkameras
Dieselbe Entwicklung unter umgekehrten Vorzeichen gibt es bei Kompaktkameras. Bei Canon gibt es aktuell für ca. 80 Euro die Canon Powershot A1200. Die Kamera hat einen optischen Sucher, der mitzoomt und die Kamera hat praktisch alles ausser einem optischen Bildstabilisator.
Darauf will ich noch etwas eingehen. Den Bildstabilisator hatte bis vor zehn Jahren so gut wie keine Kamera und dieser kann auch nur bei langsamen Belichtungszeiten mit unbeweglichen Motiven helfen. Dafür könnte man in diesem Fall auch ein Ministativ nehmen. Aber wenn man mit der Powershot A1200 bei Sonne Fotos aufnimmt, dann sind in der Regel die Belichtungszeiten ja auch besonders kurz. Und da hat diese kleine und preiswerte Kamera eben etwas, das fast keine andere Kompaktkamera hat: den optischen Sucher, der auch bei Sonne echten Durchblick erlaubt.
Die Kamera macht gute Fotos fürs Web und reicht für kleine Ausdrucke (in Relation zu einem kleinen Sensor). Und bei niedrigen ISO gibt es wohl überhaupt keine Probleme in der Praxis.
Wenn man nun diese Kompaktkamera ebenfalls als Massstab nimmt und sich dann fragt, wieso andere Kompaktkameras bis zu 300 oder sogar 500 Euro kosten, dann ist die Beschäftigung mit der Frage, wofür soll ich denn mehr bezahlen, hochinteressant.
Versuchen Sie mal, darauf eine fotografisch substanzielle Antwort zu erhalten. Das hilft sehr bei der Auswahl der richtigen Kamera.
Der Trend
Offenkundig bezahlen wir mehr, weil es neu ist. Aber wie gesagt, neu ist meistens nicht besser – zumindest in der Fotografie aufgrund meiner eigenen Erfahrungen. Machen Sie sich einfach klar, sie bezahlen nur dafür, dass sie digitale Fotos erhalten. Und die sind von kleinen bis grossen Kameras heute schon in einer Qualität, die den normalen Nutzen vielfach überschreitet.
Umgekehrt will ich aber nicht die sozialen Unterschiede einebnen oder die professionellen Werkzeuge kleinreden. Da es hier aber um Konsumerprodukte geht (im Vergleich die Autoklassen von Golf und Twingo sozusagen), wäre dies ein anderes Thema.
Text Version 1.1
Ja, ich stimme in vielen Punkten zu. Aber, man darf den Wunsch nach gutem Design nicht unterschätzen. Menschen umgeben sich nun einmal gerne mit schönen Dingen. Wir kaufen das Auto, dass uns passt, den Fernseher und eben auch andere Alltagsgegenstände, wie z.B. eine Kamera, aufgrund der Tatsache, dass sie intuitiv unserem Verständnis von und Anspruch an Design entsprechen. Design ist ja nicht nur „sieht gut aus“. Sondern vor allem eine Frage der Bedienbarkeit, der Haptik etc.
Dinge die billig verarbeitet sind – und auch das ist Design – machen einfach keinen Spaß. Und um den Spaß beim Fotografieren geht es doch auch, nicht nur um das endgültige Bild, oder? (Bzw. in gewisser Hinsicht bedingen sich auch beide.)
Letztendlich stellt sich die Frage, wie viel Geld ich bereit bin, für gutes Design auszugeben. Es kaufen sich heutzutage immer mehr Leute ein vergleichsweise teures iPhone, weil sie nicht mehr bereit sind, sich dem Frust, dem einen andere Smartphones bereiten, auszusetzen. Und dass, obwohl beide, iPhone und nicht-iPhone, essentiell die selben Dinge können (Anruf machen, ins Internet gehen). Warum? Weil etwas das man so alltäglich benutzt nun einmal auch gefallen muss – das ist Design. Bei Kameras sehe ich das ganz ähnlich.
Das ist ein guter Denkanstoss. Für mich ist Design bisher in erster Linie fast nur Gestaltung unabhängig von der Haptik gewesen. Wenn man Design so versteht, dass damit auch Bedienbarkeit und Haptik gemeint sind, dann ist dies ein weiteres Denken.
So gesehen habe ich wieder was gelernt, das habe ich bisher immer getrennt und nie so gesehen. Danke für die Hinweise.
Das Menschliche auge…………
Persönlich bin ich (bis auf weiteres) der stolze Besitzer von zwei menschlichen Augen….
Die richtige Kamera…………
Persönlich bin ich (bis auf weiteres) der stolze Besitzer von 4 richtigen Kameras….
Die richtigen Kameras sind:
Eine Panasonic LX3 für wenn ich nur mal einen Fotografischen Zeichenblock brauche um idëeen fest zu halten……rattenscharfe Linse…….leicht und past in meiner Jackentasche und brauchbar bis A3.
Eine Panasonic GF1 für denn Fall das ich ein bis A3 printbares bild brauche von einer Situation und ich flexibel sein mus in der Objektiv wahl (18 bis 1200 mm (35mm)).
Eine Fuji GX680 für denn Fall das ich Fotos brauche, die sich bis zu 1,5 Meter vergrössern lassen oder ich unbedinkt Detailschärfe brauche, oder ich Schiften und Tilten möchte/muss…..in Kombination mit einem astreinen Scanner und Velvia……10.000 Pixels und mehr sind kein problem…..nachteil, Gewicht also nur für Stationären Fotoshoot geëignet, und mit der 250 die Portrait Waffe schlechthin.
Eine Fuji GSW690iii als Landschafts kamera……..relativ leicht, traumhaftes Objectiv….aber eben nur 65 (= 28) mm……aber functioniert auch mit ohne Batterie, auch schön.
Eine 4×5 Linhof oder Toho, fur wenn man so richtig grosse Sachen (Fabrieken alla Bernd und Hilla oder Schiffe oder Landschaften) in voller Detailschärfe ablichten will/muss…….komt noch (vielleicht sogar 8×10…….von Plaubel oder Sinar).
Also jede Kamera ist 100% richtig, aber keine Kamera ist eine Eierlegende Wolmichsau……Analog und/entweder oder Digital…….
Grüsse, Ed