Das Ebook in der Fotografie – Chancen und Grenzen

Der digitale Siegeszug

Seitdem die digitale Technologie immer mehr Bereiche der Welt erfasst hat, spricht man von einem Siegeszug. Dazu gehört der Glaube, dass bald auch gedruckte Bücher von elektronischen Büchern ersetzt werden.

Geht man in einen Buchladen, dann merkt man schnell, dass sich was verändert hat. Ja, es liegen viele Bücher herum, die gekauft werden wollen. Aber zunehmend gibt es sogenannte Reader. Man soll einen kleinen Monitor kaufen, der es ermöglicht, Bücher elektronisch zu lesen.

Nun haben wir digitale Buchangebote ja schon im Projekt Gutenberg, sogar mehrmals und vor allem kostenlos. Aber da reicht ein einfacher Computer und ein Zusatzgerät ist nicht erforderlich.

Natürlich ist eine Welt vorstellbar, in der Inhalte nur noch auf Bildschirmen oder Projektionsflächen angeschaut werden. Vielleicht ist deshalb im Moment der Kampf um das Urheberrecht auch so groß. Die großen Firmen nutzen Technologien, die die Einzellizenz abrechenbar machen.

Das gedruckte Buch

Aber da geht es eben um das Lesen mit einem elektronischen Gerät. Ich persönlich lese sehr viele Bücher elektronisch. Aber es sind Bücher, bei denen es nur auf den Informationsinhalt ankommt wie Fachbücher zu wissenschaftlichen Fragen, Dissertationen und Aufsätze. Und ich lese sie am 20 Zoll Monitor in der FullScreen Ansicht, weil mir das sonst zu klein wäre.

Völlig anders ist es mit Büchern, die ein gestaltetes Werk darstellen. Wenn ein Buch schon vom Einband her – was leider immer seltener wird – ein gelungenes Erscheinungsbild abgibt und man dann in dem Buch grafisch und textlich auf Entdeckungsreise geht, dann ist dies etwas völlig anderes als das Lesen eines elektronischen Buches.

Wenn der Tastsinn das Papier erfasst und der Geruchssinn die Druckerschwärze und die Papierart, dann wird das Lesen eine sinnliche Erfahrung und kein rein kognitives Ding.

Genau so ist es mit Fotobüchern. Es ist ein Unterschied, ob ich ein gedrucktes Foto in einem Buch anschaue (und das Papier anfassen kann und das Buch vor mir liegt) oder ob ich mir ein Foto elektronisch anschaue. Das Foto im Buch ist anders und irgendwie fotografisch umfassender (im wahren Wortsinn!).

Dabei meine ich mit dem Begriff Fotobuch keine online bestellten persönlichen Fotoalben sondern in erster Linie von Verlagen produzierte Bücher zu fotografischen Themen.

Aber der Erfolg der persönlich gestalteten und gedruckten Fotoalben, die man nun auch als Fotobuch bezeichnet, zeigt ja, dass man schon hier der digitalen Flüchtigkeit etwas entgegensetzen will.

Elektronische Chancen und Grenzen

Denn durch Handys, Smartphones, Tablets, PCs und anderes wird unser Verhalten zunehmend von Flüchtigkeit und Abrufbarkeit geprägt. Das ist aber eindimensional. Es gab früher schon das Telefonbuch und das Kursbuch.

Da ist es gut, dass es dies heute in elektronischer Form gibt. Und auch die schnelle Information ist heute besser digital verfügbar. Aber wer mehr will als Telefonbücher und Kursbücher und aktuelle Infos, der findet in gedruckten Büchern die Chance, gestaltete Werke zu erhalten, die Inhalt und Form in Übereinstimmung bringen.

Aktualität und/oder Verbreitung sind die Vorteile digitaler Technologien. Und digitale Inhalte zu gestalten und zu publizieren sind ebenso dafür geeignet. Und dies sogar international im Internet verfügbar zu machen ist auch ein Vorteil. So sind Ebooks für die schnelle Verbreitung gut geeignet.

Ein Beispiel: Mein kleines Ebook zum Thema Streetphotography/Strassenfotografie in Farbe mit kleinen Kompaktkameras wurde in den letzten zehn Wochen gut 10.000 mal runtergeladen.

Man kann so Wissen zu kleinen und speziellen Sachfragen schnell weitergeben.

Etwas Ähnliches gilt für  elektronische Bücher zum Blättern. Man kann damit Dinge machen, die sich elektronisch gut darstellen lassen.

Da sind sie zum Teil heute sogar sinnvoll und besser als gedruckte Bücher, weil es sonst gar keinen Markt dafür geben würde und sie nie entstehen würden. Dort passen sie sogar hin und es macht Sinn.

So hat das Ebook auch eine kreative Funktion und ist ein erstklassiges Instrument und Medium.

Und damit ist in meinen Augen auch die Chance und die Grenze für Ebooks beschrieben.

Sie bieten Möglichkeiten, die normale Bücher nicht haben durch die Chance, aktuell und schnell Infos anzubieten und sie können gute Bücher im Sinne von gestalteten Werken nicht ersetzen.

Es kommt eben drauf an.

Aber dann ist auch Schluß, denn gedruckte Bücher können etwas haben, was man digital nicht kriegen kann. Das fängt banal digital an.

Wir wissen ja, dass eine Grafik (und damit auch ein Foto) auf jedem Monitor mit jeder Grafikkarte anders aussieht.

Das ist bei einem gedruckten Foto anders.

Leider gibt es mittlerweile viele Bücher, die aus einem Einband bestehen und dann nur noch gedruckte Buchstaben haben ohne gestaltete Elemente. Da ist es klar, dass dort der Versuch gestartet wird, dies über elektronische Reader anzubieten, weil die Kosten letztlich viel geringer sind und die Chance, Mehrwert zu kreieren, viel höher.

Letztlich kommt es darauf an. Manche Menschen haben nur ein Buch. Manche Menschen haben nur ein Handy. Manche Menschen haben kein Buch und kein Handy.

Und so sind Fotobücher aus Verlagen – wie zum Beispiel einige der hier vorgestellten Bücher zeigen – eine echte Bereicherung von privaten und öffentlichen Bibliotheken.

Sie nehmen dem einzelnen Foto etwas von seiner Flüchtigkeit in der digitalen Welt, sie sichern in der wirklichen Welt digitale Inhalte und sind damit ein Teil des echten Gedächtnisses, weil sie fälschungssicher sind, und sie bereichern ungemein eine Welt, die sich zunehmend durch digitale Normierbarkeit auszeichnet.

 

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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