Strassenfotografie = Strassenüberfall?

Foto: Michael Mahlke

Eine Meinungsäußerung – keine Rechtsberatung

Es gibt zunehmend Menschen, die verwechseln Fotografieren mit Überfallen. Sie scheinen eine Pistole und eine Kamera gleichzusetzen.

Es wird in Deutschland zwischen materiellen und immateriellen Gütern unterschieden.

Wenn ein Räuber einen Überfall mit einer Pistole auf der Strasse begeht und mir meine materiellen Güter wegnimmt oder ein Fotograf/eine Fotografin mich ungefragt fotografiert und mir immaterielle Güter wegnimmt – wo ist da der Unterschied?

Der Räuber hat mir meine materiellen Güter weggenommen, der Fotograf hat mir meine immateriellen Güter weggenommen, in diesem Fall einen Teil meiner Persönlichkeitsrechte wie z.B. das Recht über Abbildungen von mir selbst zu verfügen.

Das gilt, wenn ich direkt erkennbar bin und Hauptteil eines Fotos.

Wenn ich nicht direkt erkennbar bin, dann sehe ich dies nicht so.

Denn es gibt auch eine Öffentlichkeit und einen öffentlichen Raum, der fotografisch genutzt werden kann.

Aber so?

Da eine oder mehrere Abbildungen von mir gemacht wurden, auf denen ich direkt erkennbar bin und ich deren Gebrauch nicht kontrollieren kann, ist dies meiner Meinung nach eine Verletzung meiner persönlichen Rechte.

Zudem können diese ohne Erlaubnis und unter Verletzung meiner Rechte erstellten Abbildungen materiell, immateriell und illegal ohne mein Einverständnis genutzt werden.

Man kann mir meine Uhr klauen, aber wenn man Fotos von mir ohne Einverständnis macht und woanders nutzt, dann klaut man mir sogar noch meine Anonymität und erweckt eventuell Eindrücke, die nicht stimmen!

Das ist neu und hat eine andere Qualität.

Da wir in einer neuen Zeit leben, die in einer Demokratie die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen wie die Selbstbestimmung über die eigenen Daten (wozu gerade heute auch Fotos gehören) zu recht wichtig nimmt, wäre zu fragen, ob Strassenfotografie den Tatbestand des Datendiebstahls erfüllen kann und ab wann die Verletzung der Persönlichkeitsrechte erfolgt nach deutscher Rechtsauffassung?

Zudem wäre zu fragen, ist es ein Akt der Gewalt, denn dies erfolgt gegen meinen Willen?

Und das Gewaltmonopol liegt bei uns allein beim Staat.

Eine anderer Fall ist es, wenn es um die öffentliche Berichterstattung von Ereignissen geht.

Was wann öffentlich ist, das ist dann die Frage.

Und Strasse allein ist keine Öffentlichkeit!

Wer Stockphotos verkaufen will mit erkennbaren Personen, der muß bei einigen Agenturen für jedes Foto ein Model-Release vorlegen, bevor das Foto freigeschaltet wird – warum wohl?

Ich empfehle in diesen Fällen immer das Buch von Wolfgang Rau. Dort findet man gute Orientierung.

Übrigens gilt das auch für Drohnen und fliegende Kameras. Wer glaubt mit einer Drohne einfach mal so Grundstücke und Strassen überfliegen und aufnehmen zu können, der sollte nicht an den Falschen geraten.

Aber es gibt ja fotografische Lösungen, die das Konfliktpotential fast völlig minimieren und den Spass am Fotografieren erhöhen.

Wer nach  den 5 Sterne-Kriterien der Strassenfotografie vorgeht, trainiert sein fotografisches Können und hat diese Probleme dann auch eher nicht.

Und wer 5-Sterne Fotografie betreibt, der hat noch einen ganz grossen Vorteil.

Er gibt der neuen Gesichtserkennungssoftware keine Chance. Das kann sich in Zukunft noch als sehr nützlich erweisen.

Darüber hinaus haben meine hier niedergeschriebenen Gedanken noch eine große Einschränkung.

Das alles gilt nämlich nur dort, wo es das Recht am eigenen Bild gibt und der Sinn des Ganzen nicht verdreht wird.

Was meine ich damit?

Wo gefoltert würde, wäre es richtig, Folteropfer und Täter erkennbar zu fotografieren, um die Folter belegen zu können.

Dazu finden Sie hier mehr.

Text 1.3

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/