Masterplan Monochromes Fotografieren oder Lernen von Henri Cartier-Bresson

Foto: Michael Mahlke

Visuelle Grammatik

Wer die visuelle Grammatik kennenlernen will, der hat es mit klassischem Wissen zu tun. Und daher lohnt es sich, sich auch auf die Spuren prominenter Fotografen zu begeben, die in der analogen Zeit mit den damaligen Möglichkeiten Sucherfotografie nutzten und die visuelle Grammatik umsetzten. Was liegt da für mich näher als sich mit Henri Cartier-Bresson zu beschäftigen?

Es gibt für mich ganz handfeste Gründe:

  1. Heute kann man in Kameras vielfach eine monochromes JPG zusammen mit einem unbearbeiteten und damit „farbigen“ RAW speichern. So kann man hinterher auch noch vielfältig digital bearbeiten, wenn mann dies will.
  2. Ein guter Sucher ermöglicht die geometrische Gestaltung in jeder Lichtsituation so wie es der klassischen Geometrie entspricht.
  3. Wenn man schon im analogen Zeitalter geometrisch gestaltend auf den Spuren von Henri Cartier-Bresson fotografieren konnte, dann müsste dies doch im digitalen Zeitalter ebenfalls möglich sein. Und wenn man dies dann einübt, merkt man vielleicht, was Technik ist und was personengebunden ist. Und man merkt eventuell, dass nicht alles Technik ist – und genau da kann dann der eigene (fotografische) Weg anfangen…

Mein Masterplan Monochromes Fotografieren

Zur Verbesserung der eigenen fotografischen Fähigkeiten stelle ich Ihnen daher meinen Masterplan für monochromes Fotografieren vor:

  • Die Malereien alter Meister in Dresden und Paris studieren
  • Die Fotos von Henri Cartier-Bresson studieren
  • Mit der eigenen Kamera losziehen und die Zufälle mit gestaltender Geometrie einfangen

Wenn man dies getan hat, dann kann man dabei seinen eigenen Stil entwickeln. Natürlich nur, wenn man so denkt wie ich.

Und dabei gibt es große Übungsfelder, die jährlich genutzt werden sollten:

  • In den Sommermonaten das Spiel mit Licht und Schatten als entscheidende Bildelemente
  • Bei schlechtem Wetter das Spiel mit Reflexion und Bewegung im Wasser
  • In den Wintermonaten Strukturen in schwarzweissen Landschaften einfangen
  • Ganzjährig Strassenfotografie als Übungsfeld mit klaren Kriterien

Googeln oder Bingen Sie einfach nach „Henri Cartier-Bresson“ und klicken sie dann auf Bilder und schon finden sie viele Fotos, die zeigen, wie man es machen kann.

Und dann sind Sie dran. Folgende Fragen können helfen:

  • Schaffen Sie das auch so?
  • Wenn nicht, woran liegt es?
  • Was machen Sie anders?
  • Was gefällt Ihnen besser?
  • Wie wurden Motive der Malerei fotografisch umgesetzt?
  • Welche Fotos sind überwiegend Form und welche zeigen visuell geformt eine Geschichte?
  • Welche Brennweite liegt Ihnen, wo haben Sie Probleme?
  • Arbeiten Sie mit Bokeh und Freistellung?
  • Kommen Sie besser mit Festbrennweite oder Zoomobjektiv zurecht?

Mögliche Folgen

Es kann folgendes dabei eintreten:

  • Sie werden mit offenen Augen viele Momente entdecken, die das Schicksal oder der Zufall ihnen schenken
  • Sie werden bei jedem Fehler spüren, wie sehr genau dies ihnen weiterhilft
  • Sie werden beim Beobachten der Welt sich evtl. wesentlich verändern
  • Sie werden evtl. irgendwann sehen, dass der Weg das Ziel ist
  • Sie werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit kein Geld verdienen können

So wird auch deutlich, dass das Lernen von Henri Cartier-Bresson und alten Meistern der Malerei nicht alles ist. Aber es kann eine echte Hilfe sein, um die visuelle Grammatik in der Fotografie zu erlernen und seinen eigenen Weg zu finden.

Foto: Michael Mahlke

Welche Kamera empfehle ich bei der Umsetzung dieses Masterplans?

Aktuell ist es die Fuji X100. Der Sucher der Fuji X100 ist einzigartig. Der Hybrid-Optische-Sucher kombiniert das Konzept des optischen Leuchtrahmensuchers mit dem Autofokus (wenn man will). Diese Art der Sucherfotografie gibt die Chance, heute digital Motivaufnahmen so klassisch klar und pur über den Sucher gestalten zu können wie früher und zugleich die Wahl zwischen Autofokus und manueller Einstellung zu haben.  Zudem hat die Kamera eine fest eingebaute 35mm Brennweite, so dass man dem fotografischen Winkel von Henri Cartier-Bresson sehr nahe kommt.

Aber man braucht für die geometrische Gestaltung durch den Sucher nicht unbedingt die Fuji X100, jede Kamera mit Sucher ermöglicht es prinzipiell in meinen Augen.

Für mich persönlich ist der schlechteste optische Sucher in der Regel noch besser als eine Kamera, die nur einen Monitor hat. Denn ich trage eine Gleitsichtbrille und finde, dass Monitorfotografie einfach nicht so gute Gestaltungsmöglichkeiten bietet für Brillenträger, von den Problemen bei Sonnenlicht ganz zu schweigen.

Text 1.1

 

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

2 thoughts on “Masterplan Monochromes Fotografieren oder Lernen von Henri Cartier-Bresson

  1. Lieber Michael Mahlke,
    seit geraumer Zeit verfolge ich Ihren Blog und sage – CHAPEAU !! Ihre Artikel waren letztendlich der Auslöser dafür, das ich meine gesamte MFT-Ausrüstung verkauft habe und auf die Fuji X100 umgestiegen bin. Für mich der Weg zurück zu authentischer Fotografie, oder besser … wieder fotografieren mit Leidenschaft. Die X100 fordert und offenbart jeden Fehler schonungslos, gut so – und es sind nicht wenige 🙂 Daher wird jetzt der Masterplan „Monochromes Fotografieren“ umgesetzt.

    Beste Grüße, Ulrich Dorn!

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