Verhandelte Bilder von Eszter Kiss

Ein Buch wie ein Land, das Fotoland Ungarn. Diese Doktorarbeit untersucht Sozialistische Bilderwelten und die Steuerung von Fotografien in Ungarn.

Umfassend, ausführlich und eingrenzend gelingt es Frau Kiss zu zeigen, was damals im Sozialismus fotografisch im öffentlichen Bereich los war.

Dieses Buch ist sehr speziell. Wenn man bedenkt daß die moderne Fotografie in der ersten Hälfte des 20. Jhrdts. ohne ungarische Fotografen undenkbar ist, dann wird in diesem Buch deutlich, wie anders alles in der zweiten Hälfte des 20. Jhrdts. im Ungarn des Sozialismus war.

Frau Kiss geht sehr detailliert auf Zensurforschung und Bilderwelten im politischen Sozialismus ein. Es wird deutlich, daß die Zweckbindung eine große Rolle spielte.

Große Szenen und Auseinandersetzungen kamen kaum vor. Vielmehr zeigt die Arbeit sehr detailliert auf, daß Selbstzensur und Themenwahl und umgekehrt Themen nicht zu wählen, weil sie nicht publiziert worden wären, viel stärkere Mechanismen der Kontrolle waren.

In ihren Worten: „Vielmehr verlief die Durchsetzung der sozialistischen Bildungspolitik in den 1970er- und 1980er Jahren viel subtiler und kleinteiliger…. beispielsweise durch berufliche Netzwerke, Selbstverzicht, Gespräche unter Kollegen …“

Das Buch erhält in meinen Augen seinen Wert durch genau diese detaillierte Darstellung. Insofern stellt das Buch einen unerhört guten Beitrag zu der Frage dar, wie strukturelle Vorgaben auf soziale Prozesse wirken und wie Zensur indirekt durchgesetzt werden kann von den Herrschenden und den Regierenden. Dadurch wird dieses Werk zu einem Wegweiser, um sogar in einer Demokratie die Schere im Kopf zu verstehen.

Es ist im Wallstein-Verlag erschienen.

Eszter Kiss

Verhandelte Bilder

ISBN: 978-3-8353-3303-1

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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