Dawoud Bey – Mit der Kamera soziales Leben beschreiben

Auf Deutsch und in Deutschland ist mir der Name noch nie begegnet.

Aber Dawoud Bey hat ein Buch in englischer Sprache bei aperture publiziert, in dem er über seine Erfahrungen schreibt, wenn er Menschen in ihrem sozialen Umfeld und ihrer Gemeinschaft fotografiert.

Für mich ist dieses Buch die Neuentdeckung des Jahres, weil hier vieles von dem zu finden ist, was mich schon viele Jahre bewegt.

Großartig gemacht als Workshop, also als Werkstatt.

Und so ist dieses Buch auch angelegt. Fotos von ihm und von anderen mit kurzen Texten, die anregen.

Der für mich wichtigste Text ist auf Seite 29:

„I´ve never worked with longlens. All of these pictures are made with 35mm camera and a slightly wide lens, which demands that you get close to subjects and have real interactions with them…

This experience gave me the reassurance that ultimately what mattered was not the truth of the scene, as much as what you ended up with in the photograph. It´s not the truth; it´s a photograph. There´s the life in the subject in the photograph, and then there´s the life of the subject in the real world. They´re related, but they´re not the the same thing…

I discourage my students from talking about photographing as „shooting“ or „capturing“ or „taking“ because it´s really about trying to figure out a way to describe with the camera, to make something.“

Auf Deutsch mit google:

„Ich habe noch nie mit Langobjektiven gearbeitet. Alle diese Bilder wurden mit einer 35-mm-Kamera und einem leicht weiten Objektiv aufgenommen, was erfordert, dass man nah an die Motive herankommt und echte Interaktionen mit ihnen hat…

Diese Erfahrung gab mir die Gewissheit, dass letztendlich nicht die Wahrheit der Szene zählte, sondern das, was Sie auf dem Foto hatten. Es ist nicht die Wahrheit, es ist ein Foto. Es gibt das Leben des Motivs auf dem Foto und dann das Leben des Motivs in der realen Welt. Sie sind verwandt, aber nicht dasselbe…

Ich rate meinen Schülern davon ab, vom Fotografieren als „Schießen“ oder „Aufnehmen“ oder „Aufnehmen“ zu sprechen, weil es wirklich darum geht, einen Weg zu finden, mit der Kamera zu beschreiben, etwas zu machen.“

To describe with the camera – mit der Kamera beschreiben, erzählen …

Das geht weit über das reine Abdrücken hinaus.

Dieser Gedanke ist so inspirierend, daß ich ihn gerne als Leitfrage nutzen werde: Wie beschreibe ich ohne Worte mit der Kamera?

Das ist insofern anders als bisher, weil ich sonst immer mit Wörtern Bilder dem Kontext zugeordnet habe.

Aber manche Kontexte sind so offen, daß Wörter kaum helfen.

Hier ist nun eine Antwort darauf von Dawoud Bey.

Diese Frage kann ich zudem nicht nur unterwegs bei neuen Fotos anwenden, sondern auch bei der Betrachtung vorhandener Fotos von mir und von anderen.

Wie haben andere visuell geschrieben?

Die sozialen Gebrauchsweisen der Fotografie und die sozialen Ausdrucksweisen der Fotografie bekommen hier inspirierende neue Nahrung.

Super!

Und Mr Bey versucht nun sogar visuell Geschichte zu schreiben…

 

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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