The Decisive Moment – ein ganz besonderes Buch von und mit Henri Cartier-Bresson

„Obwohl es eine limitierte Auflage von 10.000 Exemplaren hatte und sich nicht überdurchschnittlich gut verkaufte, wurde es zu einem der wichtigsten Fotobücher des Jahrhunderts.“

So schreibt es Nadya Bair (übersetzt von Stefan Barmann) in dem Buch Watch! Watch! Watch! Henri Cartier-Bresson.

Es ist ein besonderes Buch und es ist ein besonderer Aufsatz, der ebenfalls aus einem besonders guten Buch stammt.

Da lohnt es sich dann, besonders viele Blicke drauf zu werfen.

2014 wurde es nachgedruckt und nun ist eine neue kleinere Ausgabe hinzugekommen.

Als ich es Anfang 2000 suchte, war es unter den teuersten Fotobüchern der Welt in den Antiquariaten. Daher freute ich mich umso mehr als es bei Steidl endlich bezahlbar wurde und neu aufgelegt wurde.

Und nun ist die kleinere Ausgabe da.

Schon das ist symbolisch und zeigt, daß Henri Cartier-Bresson im 21. Jahrhundert nicht mehr einer der wichtigsten Fotografen ist in der gegenwärtigen fotografischen Welt aber seine Art zu sehen zeitlos ist, weil seine Fotos mehr als den Moment zeigen. Er war eben ein Künstler mit der Kamera – wobei der Kunstbegriff hier an klassisches Denken und die Malerei anknüpft und nicht an banale Alltagsfotos ohne Aussage.

Images a la Sauvette oder The Decisive Moment ist deshalb auch heute noch ein besonders gutes Buch.

Der eigentliche Initiator des Buches war wohl Robert Capa. Cartier-Bresson war damals schon als Fotoreporter sehr bekannt und da wollte man Fotos aus seinen bisherigen Reportagen für Zeitungen und Magazine noch einmal kommerzialisieren.

„Der geschäftstüchtige und äußerst erfolgreiche Capa wusste um den Stellenwert von Beziehungen in der Welt des Journalismus und Verlagswesens,“ schreibt Nadya Bair.

Als es dann zur Umsetzung kam mit dem Verleger Teriade, wurde das Buch zum Kunstbuch. Denn der Maler Matisse schuf den Umschlag und dies wurde auch als Symbol gesehen, um „Cartier-Bresson in den Stand eines mit der Kamera arbeitenden Künstlers zu erheben.“

Wenn man dann bedenkt, daß es sich um Fotos aus Fotoreportagen handelt, wird deutlich wie unterschiedlich man fotografieren kann und in fast jeder Situation klassisch gute Fotos entstehen können.

Es geht darum einen Blick zu entwickeln, der so ähnlich sieht wie Cartier-Bresson es tat.

Und dazu kann auch das neue Buch im Hirmer Verlag dienen, das diese und viele andere Informationen nun erstmals in deutscher Sprache verfügbar macht. Es ist wirklich ein neues Juwel in dieser so künstlichen Zeit und bietet neue Blicke und viel Substanz, um sich fotografisch inspirieren zu lassen von Henri Cartier-Bresson und seiner Zeit.

Und wenn daraus noch Fotos entstehen, die auch so wirken wie seine, dann ist dies Lebenszeit in einer schönen Form.

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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