Lee Miller hat die Toten und die Totschläger im Vernichtungslager Buchenwald fotografiert. Allein schon dafür hätte sie in einer guten Welt berühmt sein sollen.
Aber wir leben ja nicht in einer guten Welt sondern nur in der besten aller möglichen realen Welten. Und in dieser Welt hängen Urteile vom Interesse ab. Schon damals nach den Aufnahmen wollten die Mächtigen diese Fotos eher nicht veröffentlicht sehen. Und selbst heute streiten manche Menschen die Taten der Nationalsozialisten noch ab. Umso mehr sollten wir die Fotos schätzen.
Aber Lee Miller war mehr. Sie war Model, Mutter, Fotografin und vor allem ein Mensch mit allem, was dazugehört.
Als ich 2015 über das Buch von Lee Miller Lee Miller – Krieg. Mit den Alliierten in Europa 1944-1945. Reportagen und Fotos aus der Edition Tiamat schrieb, schilderte ich meine Begegnung mit einem literarischen und fotografischen Juwel, wenn man Dokumentarfotografie über die Wirklichkeit der Welt in einigen Ereignissen so nennen darf.
Nun ist ein Film über Lee Miller überall zu sehen mit dem Titel „Die Fotografin“.
Dieser Film ist wirklich interessant und aufschlußreich und zeigt wirklich alles, was die Welt ausmacht zwischen Diskriminierung, Vorurteil, Menschlichkeit, Liebe, Schwäche und Verzeihen.
Nun will ich den Film hier nicht wiedergeben, weil man ihn selbst anschauen sollte.
Aber unter fotografischen Aspekten fielen mir dazu einige Gedanken ein.
Lee Miller hatte nichts mit Leica zu tun sondern fotografierte mit Rolleiflex und Aufsichtsucher.
„Ich erinnere mich, dass Lee diese spezielle Kamera benutzte. Sie kaufte es um 1937, als sie Europa besuchte und meinen Vater Roland traf. Sie besaß zwei Rolleiflex-Kameras und praktisch ihre gesamte Kriegsarbeit – von 1939 bis 1945 – wurde mit dieser oder ihrer Schwesterkamera festgehalten.
Die Art und Weise, wie sie damit arbeitete, war sehr liebevoll. Sie wusste genau, was sie mit jedem Teil machen sollte. Ihr Vater war Ingenieur und sie hatte von ihm Mechanik und Ingenieurwesen gelernt, so dass die Wartung für sie nicht schwierig war. David E. Scherman, ihr Fotojournalisten-Kollege, erzählte mir, dass sie das Ding bis auf die letzte Mutter und Schraube zerlegen und es über Nacht in einem schäbigen Block wieder zusammensetzen könnte. Und sie hatte die Furchtlosigkeit, es zu tun.“ (übersetzt mit google)
Heute gibt es im Zeitalter der beweglichen Monitore einige Systemkameras, die eine Aufsicht wie früher bieten.
Für mich gehört Lee Miller in eine Reihe mit Henri Cartier-Bresson.
Und der Film macht dies auch denen deutlich, die eigentlich keine Bücher lesen und wenig Fotos betrachten.
Da kann man ihrem Sohn nur danken, daß er dies alles so aufgearbeitet hat.