Street62 – Auf der Straße des fotografischen Lebens mit Leica, Fuji und Lumix

Meine Straße des Lebens habe ich irgendwann street62 genannt und darauf gehe ich immer noch entlang und reflektiere dies digital auf der gleichnamigen Domain dann und wann.

Epiktet war mein Lehrer, er gab mich immer mal bei Seneca in Obhut und irgendwann holte mich Albert Camus ab und ich landete letztlich bei Arthur Schopenhauer.

Das ist mein mentales Leben, wenn ich auf meine Fundamente blicke.

Fotografisch ging es dann darin weiter.

Dabei gibt es diese interessanten Differenzen zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

 

2000 bis 2010

Als ich um 2000 vom reinen Schreiben zum Fotografieren als Dokumentieren kam, wollte ich dies mit meiner Leica CL und Leica M6 machen.

Aber das war analog und zu groß und zu umständlich in sozialen Situationen, zumal es da schon Webseiten gab, die digitale Fotos erforderten.

Während ich vergeblich hoffte, eine kompakte digitale Lösung bei Leica zu finden, nutzte ich die vorhandenen Lösungen von Lumix und Co., so daß ich eigentlich fast alles mit kleinen Kompaktkameras zwischen 6 und 10 Megapixel im JPG Format aufnahm statt auf Film mit einer Leica.

Und mittendrin in sozialen Situationen ist der Monitor meist der bessere Sucher gewesen, weil er keine  Distanz schafft sondern spontane Interaktion beim Fotografieren ermöglicht.

RAW gab es da so gut wie noch gar nicht und wenn richtig umständlich.

Aber es ging nicht nur gut, sondern liefert nun die Fotos von damals, die es sonst nicht geben würde.

Vor allem Lumix Kompaktkameras waren kompakt, zuverlässig und schnell und sind es bis heute.

 

2010 bis 2020

Dann ging es weiter und Fuji kam auf den Plan.

Nach der Photokina 2010 war statt einer ausgereiften Leica etwas Besseres zu sehen für digitale Zeiten – die Fuji X100.

Sie hatte eine kleine Schwester, die Fuji X10. Das erinnerte mich sehr an meine Leica M6 und ihre kleine Schwester Leica CL.

Als ich die Fuji X10 in Gebrauch hatte, leitete ich den Abschied von der Leica CL ein.

Ich halte die Bildqualität der Fuji X10 für besser als filmbasierte Fotografie und hätte nie mehr gebraucht. Das war vor 10 Jahren.

Dies führte dann auch zum Abschied von der Leica M6.

Letztlich hatte zum damaligen Zeitpunkt aus meiner Sicht Leica nichts im Programm, was der Qualität und Flexibilität von Fuji entsprach.

Und ich entschied mich für die Fuji X100 und habe es nie bereut.

Natürlich liebe ich auch Lumix Digitalkameras mit MFT und anderes, weil ich mich neuen technischen Möglichkeiten nicht verschließe.

Aber meine „Kernkamera“ in der digitalen Zeit ist die FUJI X100. Meine Kernkamera in filmbasierter Zeit war die Leica CL.

Auf der Suche nach dem Sucher in digitalen Zeiten bot mir allein Fuji, was ich wollte.

Als ich meine Fotopraxis änderte und von der Dokumentation des sozialen Wandels in industriellen Umbruchsituationen mehr zur Straße als Ort der Momente und des sichtbaren Zeitgeistes wechselte, veränderte sich auch meine Art des Fotografierens. Und der Zeitgeist änderte sich auch:

  • Leica kehrte langsam mit eigenen Kameras, in Objektiven bei Lumix und als Teil von Smartphones zurück aber konnte meine Fuji X´s nicht ersetzen,
  • Fuji stellte die Kompaktkameras ein und
  • das Handy als Smartphone wurde für das unauffällige Fotografieren wichtiger als jede singuläre Kamera.

Es änderte sich also auch die soziale Wahrnehmung auf die Fotografie.

Neben Kameras sind nun integrierte Fotomodule in allen möglichen technischen digitalen Geräten getreten.

Viele neue Modelle sind seitdem auf den Markt gekommen, digitale Sucher haben optische Lösungen fast komplett abgelöst und Smartphones wollen immer mehr die eierlegende Wollmilchsau werden.

Ich habe mich entschlossen, meinen vorhandenen optischen Zauberkasten zu nutzen, weil ich für meine Art und Weise zu fotografieren nichts wirklich Besseres sehe. Ich bin bei Kameras sozusagen 2020 stehengeblieben und diese Begrenzung macht außerordentlich kreativ.

Nur beim Smartphone mache ich eine Ausnahme.

Das waren die Jahre bis 2020 fotografisch mit Blick auf die Technik.

Ist das im Rückblick viel gewesen oder wenig?

„Vom Standpunkte der Jugend aus gesehn, ist das Leben eine unendlich lange Zukunft; vom Standpunkt des Alters aus, eine sehr kurze Vergangenheit…Sogar kann bisweilen im Alter die lange Vergangenheit, die wir hinter uns haben, und damit unser eigenes Alter, im Augenblick uns beinahe fabelhaft vorkommen; welches haupsächlich dadurch entsteht, daß wir zunächst noch immer dieselbe, stehende Gegenwart vor uns sehn. Dergleichen innere Vorgänge beruhen aber zuletzt darauf, daß nicht unser Wesen an sich selbst, sondern nur die Erscheinung desselben in der Zeit liegt, und daß die Gegenwart der Berührungspunkt zwischen Objekt und Subjekt ist.“

Ich sehe es so wie Arthur Schopenhauer, es kommt eben auf die Perspektive an.

Nun sind wir schon wieder weiter.

 

2020 bis 2030

Denn dann kam Corona.

Die Welt ändert sich gerade. Smartphones werden zu Mitteln im Kampf um Wissen und Wahrheit und Fake News und soziale Medien werden wesentlich für das beeinflusste Bewußtsein in aktuellen Fragen.

Die alten Fragen der Berichterstattung werden neu entdeckt und gemäß den Möglichkeiten der neuen Techniken neu umgesetzt.

Das war ja immer so.

Was technisch fotografisch machbar war, bestimmte den weiteren Weg der Fotografie und deren Anwendung in der sozialen Wirklichkeit.

Die Möglichkeiten werden dabei durch Technik vorgegeben und die Grenzen durch soziale und juristische Regeln gesetzt.

Die neue Zeit stellt also die alten Fragen von Zivilisation und Kultur auf neue Art.

Der Rückblick gibt eine Orientierungshilfe, die Gegenwart gibt die Möglichkeiten vor und die Zukunft sehe ich erst im Rückblick, also vielleicht in zehn Jahren.

Na dann!

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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