Der Kreis von Anfang und Ende

„Kulturelle Experiment haben, so Koetzle, erstaunlich oft eine Lebensdauer von rund zwölf Jahren, auch wenn die Gründe für ihr Ende höchst unterschiedlich sein mögen.“

Dieser Gedanke aus dem Buch Reden wir über Fotografie ist Anlaß für diesen Text.

Denn ich habe überprüft, wie lange ungefähr meine jeweiligen Schwerpunkte waren. Ich habe ungefähr 12 Jahre soziale Dokumentarfotografie praktiziert (1999-2010) und danach ca. 12 Jahre dies alles verarbeitet und für mich weiter entwickelt im Projekt fotomonat (artlens, lenstrip, streetlens, frontlens).

Der erste Text war am 12.11.2010 und hatte die Überschrift Ist neu besser?

Seltsamerweise habe ich mit diesem Thema auch heute aufgehört ohne bis vor fünf Minuten zu wissen, daß dies auch das Thema des ersten Artikels war.

Unbewußt und bewußt…

Ja und was kommt jetzt?

Eigentlich bin ich schon mittendrin in den Themen nach der Reflexion.

Es geht jetzt um Fotografieren mit Kameras die Charme haben und Spaß machen, um Unschärfe als Teil des Sichtbaren und Ungenaues als Realität  und um die Freiheit jenseits von Gruppenzwängen.

Das Bloggen und Schreiben als Reflexion hat mich hierhin gebracht.

Nachtrag:

Am 21.03.2023 erreicht die Fotowelt die Nachricht, daß dpreview.com eingestellt wird. Das ist die größte Webseite der Welt für fotografische Technik und Ausrüstung. Sie fällt dem Sparkurs bei Amazon zum Opfer. Es geht also nicht um Insolvenz sondern um noch mehr Profit. Dafür wird bedauerlicherweise eine wichtige Quelle fotografischen Wissens geschlossen. Sie hatte pro Monat ca.7-8 Millionen visits, also ca. 90 Millionen pro Jahr. Ich hatte letztes Jahr 3 Millionen visits – wäre also an 30. Stelle weltweit bei den Webseiten für Fotografie gewesen.

Nun gut.

Auch bei dpreview gilt, daß es im Grunde zwei mal 12 Jahre waren von 1998 bis 2023. Sie hatte zwei Zyklen mit zwei Eigentümern. Vielleicht war die Webseite für Amazon eine kostenlose Werbeseite, um Fotoausrüstung zu verkaufen. Jetzt ist die Kameraindustrie in einer Nische und daher könnte sie uninteressant geworden sein.

Insofern kann man das Ende von dpreview als Symbol für das Ende eines Zeitalters sehen.

Denn wir sind in einem neuen Zeitabschnitt. Das Smartphone lacht als Sieger und Videos ersetzen eigenständiges Lesen und Denken.

Ich erinnere noch an die Geo und view fotocommunity, wunderbare Webseiten und trekearth – sie sind weg.

Das ist der Lauf der Welt und da heute sowieso viele unter einem Test Angucken und Auspacken verstehen statt Laborvergleich, ist dies eben die neue Zeit.

Das bedeutet nicht, daß Nischen tot sind – ganz im Gegenteil. Aber sie sind nicht mehr der dominierende Trend. Das kommt mir sehr entgegen, weil es vielleicht zu mehr Anstrengungen bei neuen Produkten führt.

In diesem Sinne – wir sind mittendrin!

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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