Der Blick zurück nach vorn oder von Tag zu Tag

Ich kann fotografieren und/oder gucken, was schon fotografiert wurde.

Viele wollen einfach nur fotografieren und heute ist es so einfach wie noch nie.

Dabei ist fotografieren heute oft schon die visuelle Sprechsprache.

Danach fängt das fotografische Mehr (nicht Meer) an.

Da ich mich mein Leben lang mit Menschen Gestern und Heute beschäftigt habe, ist es für mich nicht mehr so interessant zu fotografieren sondern ebenso wichtig zu gucken, was schon wie fotografiert wurde.

Dabei kam es vor der Erfindung der sozialen Netzwerke darauf an, die richtigen Bücher zu finden.

Seit dem Internet ist alles anders.

Ganze Webseiten und Communities mit klasse Fotos sind schon wieder verschwunden.

Und wenn man heute in die OnlineMedien schaut, dann ist das Finden eher Gückssache.

KI soll es richten?!

Algorithmen können nicht meine subjektive Sicht finden.

Und dann ist es ja so, daß alles, was nicht gedruckt ist, digital jederzeit weg sein kann.

Das Löschen als wesentliches Merkmal digitaler Zeiten.

So haben wir heute noch die Möglichkeit, Bücher zu finden, die zeigen, was früher fotografiert wurde.

Eins davon habe ich nun bei buchfreund kaufen können.

Es ist wunderbar.

Es ist Von Tag zu Tag von Martine Franck.

Es wurde 1998 auf Deutsch publiziert (von Marion Kagerer übersetzt) und ist heute noch in gutem Zustand zu bekommen, weil es bei Schirmer/Mosel war, deren Bücher bis heute hochwertig sind.

Ein kleines Video auf arte gibt einen Eindruck.

Aber auch hier gilt es einen sozialen Blick darauf zu werfen. Martine Franck war die Tochter eines Bankers und konnte so leben wie sie wollte.

Insofern sind auch diese Fotos Ausdruck einer privilegierten sozialen Stellung. Sie zeigen, was man sah, wenn man die Möglichkeiten hatte, dies zu sehen.

Aber gerade Fotos sind ja meistens dazu da, um angeschaut zu werden, weil sie oft etwas zeigen, was man selbst so nicht gesehen hat.

Und wenn man im fotografischen Kosmos der Vergangenheit sucht, dann findet man unendliche Schätze in Büchern und manchmal in Ausstellungen aber öfter in Katalogen über Ausstellungen.

Und man sieht wie aktuell das Fotografieren ist und wie die Technik immer half auch neue Perspektiven zu finden, ohne das Bisherige zu vernachlässigen.

Und heute kann jeder fotografieren und dies zeigen.

Welche Wirkung diese Kulturrevolution allerdings hat, werden wir noch sehen.

 

 

 

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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