Craig Whitehead, Meisterklasse Streetfotografie

Ein Buch für eine neue Zeit.

Craig Whitehead´s Buch über Strassenfotografie bzw. Streetfotografie ist ein Bild der Zeit.

„Heute wird die Streetfotografie sehr stark von den sozialen Medien beeinflusst, was kritisch betrachtet werden muss; die Folgen wirken wie ein Kreislauf oder eine Resonanzschleife: Ein jeder wird durch dieselben Dinge inspiriert. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Streetfotografie nur Menschen abbildet. Viele wichtige Wegbereiter dieses Genres haben sich womöglich verstärkt auf Menschen konzentriert, jedoch fotografierten einige der ganz Großen bestimmte Dinge auf der Straße, die ihnen besonders ins Auge fielen, wie z. B. eine Tasse in einem bestimmten Rotton. Sie dokumentierten ihre spontanen Eindrücke – mit was auch immer ihre Aufmerksamkeit erweckte. Leider sind solche Motive in den sozialen Medien nicht mehr so beliebt, was dazu führt, dass sich zeitgenössische Fotografen auf andere Themen konzentrieren.“

Diese Einschätzung des Autors bringt uns genau an den Ort des Geschehens.

Die Allmacht des Smartphones und seine Nutzung für soziale Medien läßt Bilder heute im Kopf meistens auch genau dafür entstehen. Wenn man dann auch Streetfotografie machen will, ergibt sich das Sehen von Motiven oft auch aus dieser Wurzel.  Nur bei Bokehspielen kann das Smartphone noch nicht mithalten.

Wenn ich nun jenseits des Buches weiterdenke, dann bedeutet dies für mich, daß dadurch auch die Fotografie anders geworden ist. Es dominiert ein schmales Sehen und eine neue schmale – nicht smarte (kluge) –  Fotografie.

Die wenigsten Situationen dieser neuen schmalen Streetfotografie „beissen“ dich noch wie es Elliott Erwitt einmal ausdrückte, weil es keine sozialen Situationen mehr sind, sondern eher zufällige Kompositionen, in denen Menschen oft nur noch ein eher symbolischer Bildbestandteil sind.

Damit zurück zum Buch.

Die neue „Meisterklasse“ der Streetfotografie (wie sie hier verstanden wird) vermeidet eher soziale Situationen, dafür sind Schattenspiele, bunte Farben und Lichtspiele vielfach zu sehen.

Das Buch bringt es auf den Punkt.

Aber auch das Buch selbst gehört der neuen Zeit an.

Es gibt pro Kapitel maximal ca. drei kurze Seiten mit Texten und ansonsten mehr Fotos. Das kommt auch dem Leseverhalten in Handyzeiten entgegen.

Insgesamt ist es ein sehr schönes und gelungenes Buch, das genau den neuen Zeitgeist und die neue Fotografie wiederspiegelt, die überall dominiert.

 

 Das Buch ist bei Prestel erschienen.

Craig Whitehead
Meisterklasse Streetfotografie

ISBN: 978-3-7913-8028-5

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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