Sponsoring als Spannungsfeld der Dokumentarfotografie am Beispiel „Genesis“ von S. Salgado

Foto: Michael Mahlke
Foto: Michael Mahlke – Text: Manfred Zollner, Fotomagazin

Geld regiert die Welt.

Ohne Sponsoren gibt es heute kaum noch größere dokumentarische fotografische Veröffentlichungen. Die Sponsoren lassen sich grob in drei Gruppen unterteilen:

  • Öffentliche Institutionen
  • Private Unternehmen
  • Einzelpersonen

Beliebteste Mittel sind:

  • Fotowettbewerbe
  • Ausstellungen
  • Einzelprojekte

Erfolgreiche Projekte zeichnen sich dabei dadurch aus, daß sie den Sponsoren passen und/oder zumindest nicht weh tun – oder kennen sie ein Projekt, bei dem es anders ist? Bitte melden, ich nenne es hier sofort.

Schon während des Studiums lernen heute Studentinnen und Studenten z.B. an der Fachhochschule Hannover, wie wichtig der Umgang mit Sponsoren ist.

Daraus ergeben sich dann vielfältige Anknüpfungs- und Vermarktungspotentiale.

Nun ist ein neues Buch von Sebastiao Salgado erschienen mit dem Titel „Genesis“.

Das Buch wird von Manfred Zollner im Fotomagazin so charakterisiert: „Letztlich erscheinen uns Salgados Bilder ein wenig wie alte Fotos von Gummibäumen im Wohn-Design der 50er Jahre…. Nun will er uns Bewahrenswertes zeigen. Sein Genesis-Projekt wird von einem Bergbaukonzern gesponsert. Wie passt das eigentlich ins geschönte Landschaftsszenario der großen Salgado Show?“

Damit sind wir mitten in dem Thema gelandet.

  • Sponsoren ja oder nein?
  • Wenn ja welche?
  • Wenn nein was dann?

Bei Genesis handelt es sich um ArcelorMittal,  die das Thema auch entsprechend vermarkten.

Salgado schreibt, dass er ohne diese Unterstützung das Projekt nicht hätte verwirklichen können.

Hätte er sich jetzt andere Sponsoren suchen sollen oder sollte er dann lieber darauf verzichten?

Er hat sich dazu entschlossen, das Projekt mit Hilfe dieses Konzerns zu realisieren. Was hier im Großen abgelaufen ist, kommt auch im Kleinen täglich vor.

Hat das was mit Moral zu tun?

Wir leben in einer kapitalistischen Welt und die Gesellschaften sind offenkundig nicht in der Lage, über politische Beschlüsse Geld für solche Projekte zur Verfügung zu stellen oder eine Umverteilung von oben nach unten vorzunehmen.

Die Machtverhältnisse sind oft anders.

Umgekehrt wollen offenbar aber nicht alle sozial relevanten Menschen, dass die Welt völlig zerstört wird.

Das können ja auch ganz egoistische Motive sein wie das längere und unbeschwerte Geniessen des eigenen Reichtums in einem schönen Umfeld.

Obwohl die Zerstörung der Welt eigentlich kaum noch verhindert werden kann, ist die Problematisierung durch fotografische Visualisierung doch kein schlechter Weg.

Und warum soll Geld, das vorhanden ist, nicht für Projekte eingesetzt werden, die Chancen zeigen?

Schwierig (aus Sicht unserer Menschenrechte) wird es erst in dem Moment,

  • in dem Produktionsbedingungen,
  • Arbeitsbedingungen und
  • Umweltbedingungen von beteiligten Sponsoren

diskutiert werden, die nicht internationalen Standards entsprechen.

Aber ist dies hier der Fall?

Wenn ja, dann muß man in einer offenen Gesellschaft dies auch entsprechend publizieren.

Wenn nein, dann ist doch gegen einen Sponsor nichts einzuwenden, wenn man die Regeln der Transparenz und Offenheit berücksichtigt.

Entscheidend ist in einer Zeit, in der es keine politischen Mehrheiten für öffentliche Projekte dieser Art gibt, daß es Transparenz über Sponsoren gibt und nicht, daß es keine Sponsoren gibt.

Da es sich bei Salgado um einen Fotografen handelt, der transparent handelt und der Realität einen Rahmen gibt ohne Dinge bewußt auszublenden, ist deutsches Denken auch nur ein Teil von vielen Gedanken, die zum Thema Sponsoring geäußert werden.

Insofern war der Gedanke von Manfred Zollner anregend, begrenzend und erweiternd.

Vielen Dank dafür!

Aber klar ist auch, die Fotografie kann die Weltzerstörung nicht aufhalten.

Das können nur Konzerne wie ArcelorMittal und die Politik, die in einer Demokratie mitgestaltet werden kann – persönlich und fotografisch.

In diesem Sinne!

1.1

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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