Schwarzweissfotografie – Monochrome Fotos heute

Nachdem Leica mit monochromen Sensoren in Huawei Handys mitmischte und danach noch die Leica Monochrom auf den Markt brachte, ist monochromes Fotografieren schon als soziale Gebrauchsweise der Fotografie wieder wichtig, weil man damit Alleinstellungsmerkmale oder Gruppenzughörigkeit zeigen kann. Aber das ist nicht alles.

Wer sich schon länger mit Fotografie beschäftigt weiß, daß z.B. Henri Cartier-Bresson es damals ablehnte in Farbe zu fotografieren, weil er sagte, „Farbe ist Oberfläche, Linie das Chrakteristische.“ Als Meister der visuellen Geometrie waren dann Linien und Strukturen bei der Motivgestaltung seine Welt.

Das obige Foto ist ein monochromes Portrait von mir, das mir ausnehmend gut gefällt, weil ich da mit meiner Fuji X100 zu sehen bin. Ich habe es so bearbeitet, daß es wie eine autochrome monochrome Fotografie aussieht.

Jetzt zum Vergleich dasselbe mit ein wenig Farbe:

Automatisch zieht die rote Fläche den Blick auf sich und relativiert den Blick zur Kamera.

Es ist einfach anders.

Daher möchte ich mich der Schwarzweißfotografie heute neu nähern und dazu nutze ich nun das Buch von Torsten Andreas Hoffmann „Die Magie der Schwarzweißfotografie“. Der Untertitel verrät schon den weiteren Weg: Schwarzweißmotive erkennen und stimmungsvolle Bilder gestalten.

Torsten Andreas Hoffmann hat schon einige gute Bücher publiziert und begleitet mich daher schon etliche Jahre. Bei ihm weiß ich, daß er weiß, wovon er spricht.

Insofern habe ich nun einen freundlichen und substanziellen Begleiter, wenn ich mich weiter mit dem Thema Monochrome Fotografie heute hier beschäftige.

Sein neues Buch will ziemlich viel.

Er schreibt „… weil ich der Meinung bin, dass wir als Fotografen Sehende sind, die die Aufgabe haben, sehr genau hinzuschauen und auch dort hinzuschauen, wo die meisten lieber wegschauen.“

Und so gibt es in dem Buch auch ein Kapitel über Streetfotografie und ein Kapitel über Sozialkritische Fotografie.

„Das Wesen der Schwarzweißfotografie ist grafisch“ lautet  eine Überschrift in Teil 1. Damit ist der fotografische Ansatz gesetzt.

„Unbedingt im RAW-Modus fotografieren“ lautet eine Überschrift im 4. Teil. Damit ist der Weg vorgegeben.

Und in diesem Rahmen kommt dann auch alles vor.

RAW-Dateien ermöglichen die komplette Freiheit bei der Nachbearbeitung und davon macht der Autor reichlich Gebrauch.

Ich fand sehr interessant, daß ein Schwerpunkt bei Streetfotgrafie monochromes HDR war.

Hoffmann arbeitet in diesem Buch meistens mit Kleinbildkameras und manchmal mit APS-C und oft mit Stativ.

Was er mit „Magie“ meint und wie das Buch auf andere wirkt, kann man sehr schön bei Ralf Schlieper sehen, der es aus seiner Sicht beschrieben hat und ein umfangreiches Portfolio von Fotos zeigt, die Torsten Andreas Hoffmann aufgenommen hat.

Ich habe mich mit Smartphone und APS-C Kamera dann aufgemacht und bin mit der Kamera einfach mal im September 2021 durch Wuppertal Elberfeld gegangen.

Gabi Fechtner Plakat demoliert

Dabei wird auch Skurriles sichtbar.

Aber eben auch schöne Momente, die gute Stimmung und Freude zeigen:

Strassenszene in Wuppertal Elberfeld

Auf dem letzten Foto sind die Wasserfontänen als Spielzeug nur so dominant zu sehen, weil ich die Kinder eben nicht in Farbe zeige sondern ebenfalls schwarzweiß.

Ich finde das Foto als Momentaufnahme aus der Elberfelder Innenstadt ziemlich gelungen, weil es eine gute Stimmung rüberbringt.

Und nun ein etwas anderes Foto, das Hektik zeigt:

Das ganze Foto drückt Hektik aus, die durch die Unschärfe noch verstärkt wird.

Nun folgt ein Foto mit der Skyline von Elberfeld, dem typischen Stadtbild mit Schwebahn und neuer Architektur am Bahnhof.

Skyline Wuppertal Elberfeld mit Schwebebahn

Jedes der bisher gezeigten Fotos ist nachbearbeitet worden, um die Charakteristika der grafischen Strukturen herauszuarbeiten. Dabei wurde immer eine andere Bearbeitung vorgenommen. Monochrome Fotografie kann also auch sehr kreativ sein, wenn es darum geht den Charakter eines Fotos in der Bearbeitung herauszuarbeiten.

In einem kurzen Text mit dem Titel „Der Blick von der Brücke in Sassnitz und die Schwarzweißfotografie“ habe ich noch andere Möglichkeiten der Bearbeitung gezeigt, wobei die Fotos nur als jpg vorlagen, RAW gab es da noch nicht. Aber gerade dort zeigt sich auch, daß Fotos in Farbe den Charakter der Brücke und die Stimmung nicht so gut treffen würden.

Und ich habe noch etwas festgestellt: Monochrome Fotos eignen sich nicht als digitale visuelle Alltagssprache über das Smartphone. Da sollte man schon farbig visuell sprechen. Man stelle sich vor das Foto vom Essen wäre monochrom ….

Wendet man sich aber Landschaften, Architektur, Himmel, Street und Reportagen oder auch Porträts zu, dann kann ein monochromes Foto die bessere Alternative sein.

Denn die Magie der monochromen Fotografie besteht ja gerade darin, grafisch und ohne Farbe Dinge auf den Punkt zu bringen.

Zum Thema Magie noch ein anderes Foto:

Ich finde, es ist eine völlig surreale Situation, die ich hier zeige und die sich nicht selbst erklärt

Es handelt sich nämlich um ein Trampolin für Kinder auf der Remscheider Kirmes und der Dunst ist Kirmesnebel.

Zuguterletzt ein aus meinen Augen besonders schönes Foto, das ich nicht nachbearbeitet habe, sondern manuell bei der Aufnahme so gestaltet habe:

Dieses Foto lebt einerseits davon unscharf und mit gezielter Schärfentiefe aufgenommen worden zu sein und andererseits wird die Wirkung nur schwarzweiss so richtig deutlich.

Es ist ein Symbol für Corona und den Zeitgeist und zeigt auch die Magie, die in der Schwarzweißfotografie gefunden werden kann.

Das Foto habe ich auch in Farbe als Bearbeitung, aber es hat eine völlig andere Wirkung und der Zauber des Fotos kommt in der Farbversion überhaupt nicht so zum Ausdruck.

Dies alles ist auf die ein oder andere Art in dem wunderbaren Buch von Torsten Andreas Hoffmann zu finden. Ihm ist es gelungen, die Lebendigkeit – die Magie – der Schwarzweißfotografie gerade auch heute neu deutlich zu machen.

Machen Sie es wie ich, lesen Sie das Buch, lassen Sie sich inspirieren und gehen Sie raus zum Fotografieren!

Enden möchte ich mit einem Gedanken von Ted Grant: “When you photograph people in colour, you photograph their clothes. But when you photograph people in black and white, you photograph their souls!”. – Wenn man Menschen in Farbe fotografiert, fotografiert man ihre Kleidung. Aber wenn man Menschen in Schwarz-Weiß fotografiert, fotografiert man ihre Seelen!“.

In diesem Sinne…

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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