Soll der Gott der Leica M wieder auferstehen 2022?

1952 erschien „The Decisive Moment“ von Cartier-Bresson und Matisse. Angeblich soll dieses Buch und die Personifizierung der Leica M, Monsieur Henri Cartier-Bresson wieder auferstehen. Das passt ja rund um Ostern…

Es ist ein faszinierendes Gedankenspiel.

Schauen wir uns das Gerücht und die angebliche Pressemitteilung von Leica einmal an:

Man will also mit der neuen M10 Monochrom und dem 50mm F2 die alten Fotos neu bearbeitet drucken. Das ist faszinierendes Marketing und zeigt einige bemerkenswerte Aspekte.

Zunächst einmal braucht eine besondere Kamera eine besondere Persönlichkeit.

Die ist ohne Zweifel Cartier-Bresson gewesen und daher will man ihn nun wieder auferstehen lassen, weil es keine lebenden Fotografen oder Fotografinnen gibt, die noch soziale Relevanz haben und deren Fotos in unserer Zeit noch Vorbild für Menschen sind und zum Kauf einer speziellen Kamera anregen. Werbung mit Fußballern oder Musikern sind eher irrelevant.

Aber das ist ja nicht alles.

Heute sind viele Gesetze und soziale Bedingungen anders, so daß man die Fotos von damals nicht so nachmachen könnte. Man müßte also neu denken und neu fotografieren.

Laut der Presseerklärung will man ja die besonderen Eigenschaften des Sensors hervorheben. Der Sensor ist sicherlich der einzige Sensor, der in Kleinbildgröße monochrom ist, aber er macht nur Sensorfotos. Und die hängen von der Software, dem Objektiv und vielem mehr ab.

Ich bezweifle, daß man die Unterschiede zu anderen Sensoren sieht, sobald das Foto bearbeitet und digital publiziert wurde. Und Ausdrucke können auch nicht mehr als der Druck an Pixel hat.

Abgesehen davon sind die kleineren monochromen Sensoren in manchen Smartphones gerade bei Details auch sehr exakt.

Es ist also schwierig im Sensorzeitalter an der Spitze der Sensoren zu sein, wenn die Software und vieles mehr auch mitspielen und die Größe des Sensors nicht mehr unbedingt relevant ist.

Dennoch würde ein solches Buch sicherlich ein interessantes Produkt für die kleine Schar derer, die sich ihren Meister M herbeikonsumieren wollen.

Warum auch nicht?

Man sollte nur nicht der Illusion verfallen, daß man damit bessere Fotos macht als andere, die weniger bezahlen. Denn es kommt darauf an, was dabei rauskommt.

Und wer manuell monochrom fotografieren will, der muß mehr können als zu kaufen.

Aber es gibt noch einen ganz anderen Aspekt.

Das Buch ist von Matisse als Kunstwerk konzipiert worden. Wer das Beibuch zur Neuauflage gelesen hat, der versteht, was und wie dort warum als Buchkunstwerk erschaffen wurde.

Daher finde ich es verwunderlich, daß ausgerechnet dieses Buch als Neukonzeption für die neue monochrome M dienen soll. Das passt nicht.

Da wäre ein Buch mit den besten Fotos von Cartier-Bresson von ihm selbst noch ausgewählt – wie das von Prestel – doch viel besser geeignet, um die „Vorteile“ der neuen Kamera zu zeigen.

Aber da diese Meldung am 1. April erschienen ist, kann es auch reine Fakenews sein.

In diesem Sinne …

 

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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