Die Geschichte der Fotografie von Paul Lowe

„Da es in diesem Buch um Fotografie und nicht um Geschichte geht, wurden viele berühmte Bilder nicht aufgenommen, die uns weniger über das Medium als über die Situation erzählen.“

Mit diesem Ansatz hat Paul Lowe ein Buch erstellt, das uns nun wirklich viel über die Fotografie und ihre Geschichte erzählt.

Es entstand ein Buch das textlich und visuell eine wahre Wonne ist.

Vom Layout her gut durchdacht, so daß wesentliche Zusammenhänge auf einen Blick erfasst werden können, gibt es einen echten Überblick über langfristige und kurzfristige Entwicklungen.

Man merkt beim Anschauen und Lesen in diesem Buch, daß viele „der heute als innovativ oder radikal erscheinenden visuellen Strategien, wie etwa die Inszenierung komplexer Tableaus mittels digitaler Bildmanipulation und viele Debatten um die Ethik der Repräsentation“ bis zu den Pionieren der Fotografie zurückverfolgt werden können.

Mir gefällt auch die Zeitleiste, die unten auf den Seiten eingearbeitet wurde und soziale Entwicklungen im Zusammenhang mit fotografischen Erfindungen und Ideen zeigt.

Dieses Buch bietet tagelang wunderbares Wissen und ist eben auch eine dauerhafte Inspiration für eigene fotografische Projekte, weil es eben nicht den Horizont auf die Gegenwart beschränkt.

Wir erfahren z.B. auch, daß das Ur-„Selfie“ von Robert Cornelius 1839 gemacht wurde – ohne Iphone.

Auf kluge Weise werden Themen und Zeiten miteinander verbunden, wenn z.B. der Akt von 1858 über 1912 bis zu Helmut Newton gezeigt wird und die Parallelen bei der Bildgestaltung auffallen.

Bei den Fotos wird deutlich wie Technik und Möglichkeiten eng zusammen wachsen. Während anfangs Stillleben dominierten, weil die Kameras groß und schwer waren, wurden immer mehr Bereiche der sozialen Welt Thema der Fotografie, je kleiner, leichter und besser Kameras wurden.

Paul Lowe hat hier ein Buch erstellt, das eine echte Geschichte der fotografischen Möglichkeiten und Wirklichkeiten zeigt. Was er am Anfang über Bilderauswahl schrieb, wird am Ende dann sehr deutlich. Ihm ist es wirklich gelungen eine repräsentative Auswahl von Fotos und die Bezüge bis zur Gegenwart zu zeigen, die Entwicklungen des Mediums beispielhaft illustrieren. So ist die Geschichte der Fotografie inhaltlich ein Spiegel ihrer Gegenwart.

Das Buch ist bei Prestel erschienen.

Aus dem Englischen von Maria Meinel
Originaltitel: The Chronology of Photography
Originalverlag: Quarto
Paperback , Klappenbroschur, 272 Seiten, 21,6 x 25,4 cm, 470 farbige Abbildungen, 80 s/w Abbildungen
ISBN: 978-3-7913-8747-5

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert