Burtynsky Essenz

Edward Burtynsky Essenz von William A Ewing
Edward Burtynsky Essenz von William A Ewing

Wie sieht die Welt aus, wenn die Menschen unserer Zeit die Erde so ausbeuten wie ihre Mitmenschen?

Edward Burtynsky ist einer der weniger Fotografen, die dies über viele Jahre und mit dem Einverständnis der Gestaltenden und Betroffen fotografiert hat.

Es ist der große Blick bis ins kleinste Detail und er hat bis zum Ende geblickt. Hinter dem Horizont geht es weiter und er war dort.

Während wir bis an den Wertstoffhof gehen und dort unsere alten PCs und Reifen abgeben, fotografiert Burtynsky dort, wo die Rohstoffe für die Computer herkommen und die Reifen entsorgt werden.

Und er zeigt so das Ergebnis des Handelns von Milliarden Menschen in großartigen Fotografien. Seine Fotos sind so angelegt, daß sie immer den Zusammenhang zeigen, auch wenn sie einen Rahmen haben wie jedes andere Foto auch.

William A. Ewing faßt mit diesem Buch dreißig Jahre Fotografie in der „Essenz“ zusammen und vermittelt mit vielen vorher nie gezeigten Fotografien einen guten Eindruck seines Schaffens. Er führt die visuelle Vernetzung durch, um das Ganze zu sehen, das größer ist als die Summe seiner Teile: die Essenz.

Besonders die früheren Fotos und die späteren Aufnahmen in dieser Zusammenschau ermöglichen durch den zeitlichen und thematischen Blick, daß Vernichtung und Raubbau immer wieder neue Formen aufweisen.

Während frühere Fotos konkret vor und in einem riesigen Gebiet aufgenommen wurden, sind spätere Fotos von einem höheren Blickwinkel aufgenommen worden und zeigen dadurch die nicht enden wollenden Dimensionen der selbst geschaffenen Probleme.

Können Fotos etwas ändern? Wenn wir uns das Buch nüchtern in seinem zeitlichen Ablauf anschauen, dann ist die Antwort Ja und Nein.

Nein weil viele Probleme noch größer geworden sind und Ja, weil die riesigen Probleme auch nur ebenso riesig wieder gelöst werden können. Dies zeigt sich an dem Foto mit dem riesigen Windpark, der zwar eigentlich gut ist aber eben die Landschaft mit Windrädern aus Industriekonstruktionen vollstellt.

Paradoxer und widersprüchlicher geht es kaum – das ist die Realität der industriellen Welt, in der wir leben. Es gibt keinen Ausweg, wir selbst sind Ursache und Wirkung mit unseren Ideologien, Machtstrukturen und Wünschen.

Und dann sind diese Fotos ja noch mehr. Burtynsky´s visuelle Sprache ist eben auch Kaufobjekt, es ist sogar Fotokunst, die aus den Farben der Natur mit seiner Perspektive fotografische Gemälde werden läßt.

Das Buch ist fotografisch großartig und sozial desillusionierend – es zeigt die Größe des Fotografen und die Größe unserer Probleme.

„Edward Burtynsky zählt … zu den herausragenden Fotografen seiner Generation, die schonungslos dokumentieren, was unsere Umwelt durch ungezügelte globalisierte Finanz- und Wirtschaftsinteressen erleidet. Erstmals bietet die vorliegende Publikation eine umfassende Rückschau auf das bisherige Werk von Edward Burtynsky. Zusammengestellt von William A. Ewing, beinhaltet dieser Band sowohl bekannte ikonische Aufnahmen als auch bislang unveröffentlichte Entdeckungen. Jedem der fünf Kapitel werden Texte früherer Publikationen vorangestellt. Ein Essay von Joshua Schuster und ein Einleitungstext von Ewing ordnen die visuellen Eindrücke ein und ermöglichen einen Einblick in das vielschichtige Werk dieses außergewöhnlichen Fotografen.“

Das Buch ist im Prestel-Verlag erschienen und ein gutes Geschenk, denn hinter dem Horizont geht es weiter.

Originaltitel: Essential Elements
Originalverlag: Thames & Hudson

Mit Fotos von Edward Burtynsky

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 200 Seiten, 30,0×27,6, 140 farbige Abbildungen

ISBN: 978-3-7913-8298-2

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert