Fotografisch leben im Übergang von Film zu Sensor

Wir schreiben das Jahr 1999. Mir gefielen meine Fotos nicht mit denen ich Ereignisse und Veränderungen dokumentieren wollte.

Ich suchte Hilfe und fand sie bei Henri Cartier-Bresson. Er brachte mir das Sehen bei.

Ich fotografierte damals mit der Volkskamera von Leica, der kompakten Filmkamera Leica CL mit Messsucher und zwei Objektiven mit 40mm und 90mm.

Mit seiner Art zu sehen gelangen mir dann endlich Fotos, die mir gefielen und die auch zeigten, um was es ging.

Aber die filmbasierte analoge Welt mit Sucherfotografie von Henri Cartier-Bresson und Leica als Leitbild für viele im Reportagebereich wurde damals gerade von der digitalen Welt mit Display und Monitor überholt.

Ich musste eine Paradoxie leben. Obwohl ich mit Sucher und der Leica lernte, war ich immer unterwegs in sozialen Situationen und konnte da keine Leica CL mitnehmen, um schnell Soziales aufzunehmen. Die war trotz ihrer relativen Kleinheit noch zu groß und schwer für das Schnelle und eher Unauffällige zwischendurch.

Stattdessen nutzte ich von Anfang an Kompaktkameras – maximal im Zigarettenschachtelformat – von Lumix, Fuji und Olympus und fotografierte mit dem rückseitigen Monitor als Display und Sucher.

Die neuen Leitbilder hatten neue und andere Namen. Damals wurde Leica eher zum Leidbild.

So mußte ich in parallelen Welten leben und seine Art zu sehen in die digitale Welt transferieren.

Fototechnisch ging es damals darum, die filmbasierte Fotografie genausogut über den Sensor hinzukriegen. Es dauerte bei kleinen Kameras einige Jahre bis 8 Megapixel erreicht waren und dann auch im Druck(!) so gut wie auf Film waren. Bis ca. 2010 druckte auch ich die Fotos noch aus.

Nach 2010 wurde dann schnell alles anders. Digitale Technik verbesserte nicht nur die Kameras sondern erlaubte auch neue Kreationen, so daß neben reinen Digitalkameras der Aufstieg der Smartphones begann. Es geht heute auch nicht mehr um Druckbilder, sondern um die Darstellung auf Displays im Smartphone oder am Monitor.

Jetzt sind wir im Zeitalter der fotografischen Äquivalenz angekommen und ich schaue auf alle möglichen fotografischen Instrumente mit der Art zu sehen, die ich damals gelernt, übertragen und für mich weiterentwickelt habe.

Mein Blick und mein Sehen ist heute mit vielen fotografischen Geräten möglich.

Ich bin froh, daß mein Weg mich damals zu Henri Cartier-Bresson brachte. Meine Leitplanken waren damals Bücher. Das war lange vor google.

Gerade dieses Fundament ermöglicht mir nun freies Ausprobieren darüber hinaus zwischen Filter und Form, Schärfe und Unschärfe, bunt und schwarzweiss.

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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