Deutschland um 1980 – Fotografien aus einem fernen Land

„In gewisser Weise führt die Vorgeschichte der Bewegung Fridays for Future zurück ins Jahr 1979, als gleich drei Ereignisse die ökologische Zukunft unseres Planeten mit Nachdruck ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit rückten; Bereits zu Beginn des Jahres tagte die erste Weltklimakonferenz in Genf, um vor den Gefahren einer fortschreitenden Erderwärmung durch immer höhere CO2-Emissionen zu warnen; nur wenige Wochen später erschütterte ein schwerer Reaktorunfall nahe Harrisburg an der amerikanischen Ostküste das Vetrauen in die Atomkraft als sichere Energiequelle; nahezu zeitgleich begann, bedingt durch den revolutionären Umsturz im Iran, die zweite internationale Ölpreiskrise, in deren Folge die Energiekosten für jeden deutschen Haushalt in gefährliche Höhen schnellten.“

So führt Thorsten Valk in seinem Beitrag in das Buch ein.

Er zitiert Jürgen Habermas, der damals die „Neue Unübersichtlichkeit“ und „das Vordringen des Neokonservativismus und die Erschöpfung utopischen Denkes im Zeitalter der politischen Linken“ feststellte und endet mit der Feststellung „um 1980 begann das Zeitalter der Nachmoderne, jene Ära also, in der wir auch heute noch leben.“

Dann folgen weitere sehr interessante Beiträge über das Leben in Deutschland um 1980 von Jens Bove und die Autonomisierung eines Mediums – die Lizenz zum Fotografieren von Adelheid Komeda und Sebstian Lux, die sehr anschaulich die fotografische Praxis zu dieser Zeit beschreiben.

Dies bildet einen guten Rahmen für den hier gezeigten Zeitgeist und dann geht es los.

„In sieben fotografischen Positionen nähert sich der Band einer bewegten Zeit: Die Teilung Deutschlands und der Welt in Ost und West sowie das vom Wettrüsten heraufbeschworene Szenario eines Atomkriegs riefen die Friedensbewegungen in beiden deutschen Staaten auf den Plan. Bis in die Gegenwart aktuelle Themen rückten in den Fokus, etwa die Gleichstellung der Frau oder der Kampf für Umwelt und Klimaschutz. Fotografinnen und Fotografen blicken als freie Akteure, Reportagefotografen oder Fotokünstler auf die Entwicklungen und zeigen das facettenreiche Bild einer vergangenen Epoche, die bis heute nachwirkt. Fotograf*innen: Mahmoud Dabdoub, Gerd Danigel, Barbara Klemm, Hans-Martin Küsters, Martin Lange, Angela Neuke, Ingolf Thiel“

Das Buch ist zugleich der Ausstellungskatalog zur aktuellen Ausstellung im LVR Museum Bonn.

Dies ist eine sehr glückliche Kombination, weil das Buch selbst einen wirklich guten Ausschnitt aus dem damaligen Zeitgeist vermittelt mit Fotos und guten Texten und die Ausstellung dies alles vertieft.

Ein echter Einblick in Geschichte und Gesellschaft und ein Spiegel für heute.

Das Buch ist im Hirmer Verlag erschienen.

Deutschland um 1980

Hg. Jens Bove, Sebastian Lux, Thorsten Valk

Beiträge von L. Altringer, Jens Bove, A. Komenda, Sebastian Lux, Thorsten Valk

256 Seiten, 210 Abbildungen in Farbe
25 x 28,5 cm, gebunden

ISBN: 978-3-7774-3957-0

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert