Sven Barnow, Achtsam fotografieren

Es ist ein Buch für den zweiten Blick, weil es unter die Oberfläche geht.

Sven Barnow hat es sich nicht leicht gemacht und dabei ist ein gutes und substanzreiches Buch rausgekommen.

Für mich ist der eigentliche Kern des Buches der Untertitel „Durch Fotografie zur inneren Ruhe finden“.

Damit ist klar, es wird ein steiniger Weg, weil man zu sich selbst kommen muß.

Wer zur inneren Ruhe finden will, der kann dies sicherlich nicht dadurch, daß er pausenlos Fotos schießt.

Und wer sich für das Thema dieses Buches interessiert, wird sich darüber klar sein müssen, daß man Gutes für Geist und Seele braucht – und eine Kamera.

Und genau diesen Weg geht Sven Barnow in seinem Buch.

Ohne zu lesen wird man in diesem Buch nicht weiterkommen.

Wer das Buch als Fotobuch durchblättert, hat meiner Meinung nach schon verloren.

Gerade die Texte und Gedanken sind wesentlich als Stolpersteine und Wegzeichen, um unterwegs weiter zu kommen.

Denn es ist ein Buch, in dem der Psychologe Barnow das Wissen über Bildermacht und Bilder machen an sich und mit sich selbst umsetzt und die Fotos dann als Spiegel und Betrachtungsweisen nutzt, um sich selbst und die Welt zu sehen.

Dann stellt er in kurzen Interviews andere Menschen vor, bevor er deren Fotos und Motive zeigt.

Je nach Thema wird manches Motiv zur Geschichte, wenn man seine Entstehung kennenlernt.

So relativiert er sich selbst und zeigt zugleich die Vielfalt dessen, was Achtsamkeit ausmacht.

Die Fotos in dem Buch sind also alle nicht ausgedacht, sondern echt gemacht.

Barnow schreibt „Achtsamkeit beinhaltet genau das: die offene, nicht wertende Haltung den eigenen Gedanken und Gefühlen gegenüber…. Das Wichtigste sind die Freude und der Fokus auf den Prozess des Wahrnehmens, also die Kamera als Instrument zu sehen, mit dem ich auch mein Inneres ausdrücken kann.“

Wer das will, der muß wissen, nur wer lesen und verstehen kann, wird vielleicht achtsam fotografieren, weil man erst mal dahin kommen muß.

Wer dieses Buch wirklich als Arbeitsbuch sieht, wird sein Sehen und Bewußtsein verändern.

Was mir an diesem Buch zusätzlich besonders gefällt, ist das, was nicht darin steht: welche Kamera bei welchem Foto benutzt wurde oder welche Kamera für achtsames Fotografieren geeignet erscheint.

Das wäre auch schwierig.

Einerseits sind in dem Buch verschiedene Personen mit Kameras unterwegs und andererseits kommt jeder, der das Buch liest, aus seiner eigenen fotografischen Welt, die heute mehr Smartphones als reine Digitalkameras enthält.

Wer nicht gerade fotografisch vorbelastet ist, der kann z.B. mit einem Iphone heute vielleicht sogar besser seinen Weg auf der Strasse der Achtsamkeit gehen als derjenige, der den manuellen (Leica) oder digitalen (Fuji) Messsucher oder manuelle Objektive als Moment zur Umsetzung der Entschleunigung braucht.

Das hat sich ja auch weiterentwickelt und kann nicht mehr eindeutig beantwortet werden.

Und genau dies macht den Reiz des Buches aus. Es gibt seinen Lesern die Chance auf ihre persönliche Art zur Achtsamkeit zu kommen und achtsam zu sein.

Mir persönlich gefällt sein Buch sehr, weil es eben nicht schnell, glatt und oberflächlich ist, sondern eine zu bewältigende Herausforderung darstellt mit einem konkreten Ziel: „Das Wichtigste sind die Freude und der Fokus auf den Prozess des Wahrnehmens.“

Das gelingt ihm meiner Ansicht nach auf seine Art ganz wunderbar.

Und so wird der Weg zum Ziel.

Das Buch ist im dpunkt Verlag erschienen.

Sven Barnow

Achtsam fotografieren

Durch Fotografie zur inneren Ruhe finden

ISBN Print: 978-3-86490-894-1

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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