Die neue Matrix entsteht – Fotografie als Waffe der Fakefotografie

Geld führt

„Genau hier liegt der entscheidende Punkt beim Vormarsch der Digitalkonzerne: Privatunternehmen besitzen die Kontrolle über ganze Mediengattungen, welche künftig den politischen Diskurs prägen werden. Dies ist eine verblüffende Umkehrung gängiger Auffassungen über Presse- und Meinungsfreiheit. Denn die Plattformen waren ja ursprünglich als Befreier aufgetreten, die über die verschiedenen Möglichkeiten der digitalen Interaktion und Partizipation der breiten Masse erstmals eine Stimme verleihen sollten. 

Diese Entwicklung bringt das Fundament unserer freiheitlichen Medienordnung ins Wanken. Bizarr an unserem plötzlichen Erwachen ist zweierlei: Erstens, dass es Elon Musks als eines Elefanten im Porzellanladen bedurfte, damit wir dieses Phänomen überhaupt wahrnehmen. Zweitens, dass ausgerechnet Twitter der Auslöser ist, wo die Plattform auf dem Spielfeld der Tech-Riesen doch verhältnismässig unbedeutend ist. Im Verhältnis zu Meta schafft Twitter nur 2,9 Prozent an Nutzungszeit, und interessanterweise sehen wir fast dasselbe Verhältnis bei den Umsätzen (4,2 Prozent im Vergleich zu Meta).

Die grössten vier US-Digitalkonzerne (Meta, Alphabet, Amazon und Apple) bündeln derzeit knapp die Hälfte des Traffics. Und weil die drei Top-Konzerne Alphabet, Meta und Amazon in den Ländern der westlichen Welt heute zwischen 80 und 90 Prozent aller digitalen Werbeeinnahmen einsammeln, kann man prognostizieren, dass alle anderen Medien in den kommenden Jahren weitgehend ihre Finanzierungsgrundlage verlieren werden, ganz einfach aufgrund der Dynamik der fortschreitenden digitalen Transformation.“

Diese drei Gedanken sind aus einem Artikel von Martin Andree auf nzz.ch.

In China ist man schon weiter und in Russland gerade auch. Der Siegeszug von TikTok zeigt auch bei uns wie stark Bilder wirken und kleine Videos ablenken von der Machtstruktur.

Sie trösten in der Ohnmacht und vermitteln durch eigenes Handeln im Film oder mit Fotos die angebliche Freiheit, die jederzeit durch „falsches“ Denken oder Grenzen durch Ungerechtigkeit beendet werden kann, weil die Eigentümer einfach sperren, wie bei Emailkonten übrigens auch.

Mental reicht vielleicht  der Flow beim eigenen Kochvideo aus, um zufrieden mit der ungerechten Verteilung und dem eigenen Elend zu sein…

Es gehört zur Welt, Schafe sind nicht revolutionär, Schweine oft korrupt und Sklaven wollen meistens Aufseher der Sklaven werden statt mehr Freiheit und mehr soziale Sicherheit zu bekommen.

Unser Freiheitsfenster schrumpft also immer mehr.

Dies würde ich nun auf die Fotografie übertragen, weil der Smartphonemonitor der neue Sucher ist.

Beim Fotografieren verwechselt man aber seltener die reale Welt mit dem Sucher-Rahmen, während im Smartphone der Rahmen oft die eigene Welt im Kopf darstellt:

„Eine kapitalistische Gesellschaft (nicht zu verwechseln mit Demokratie) braucht eine Kultur, die auf Bildern beruht. Diese Bilder sind erforderlich, um ununterbrochen zu unterhalten und das Kaufverhalten zu beeinflussen und zu stimulieren. Kameras definieren Wirklichkeit auf zweierlei Art, als Spektakel für die Massen und als Herrschaftsinstrument für die Führer.

Die letzten drei Sätze sind sinngemäß von Susan Sontag und dann kommt noch ein Satz danach:

„Social change is replaced by a change of images.“

Sozialer Wechsel wird ersetzt durch einen Bilderwechsel.

Fotografie ist nicht mehr die Waffe der Aufklärung und der Ohnmächtigen, sondern wird durch die neuen Kanäle immer mehr zur Waffe der Mächtigen. AI und KI kreieren bald Welten und eine neue digitale Realität. Videos können nun wie Fotos jederzeit manipuliert werden. Oder ein kritischer Beitrag wird durch andere Beiträge überschwemmt und weggeschwemmt, so daß die Informationsflut zur Desinformationsflut wird. Und die andere soziale Realität und die alte Art der Fotografie als Waffe kommt in die neue digitale Medienwelt kaum noch rein.

So kann aus Dokumentarfotografie jederzeit FakeFotografie werden.

Das ist mehr als die Propaganda von früher, weil hier eine bald weltweite Gleichschaltung erfolgt.

Andree hat in seinem oben zitierten Artikel auch gezeigt, was wir u.a. machen könnten: „Besonders frustrierend ist, dass die verschiedenen freiheitlich-demokratischen Prinzipien des westlichen Medienrechts eine Menge von Instrumenten bieten, welche hier schnelle und effiziente Lösungen liefern könnten – ein Beispiel wäre die bewährte Trennung von Übertragungswegen und Inhalten. Des Weiteren könnten wir auf der Durchsetzung offener Standards insistieren, die sich in digitalen Märkten bestens zur Aufrechterhaltung von Anbietervielfalt bewährt haben. Wir könnten die missbräuchliche Praxis der Plattformen verbieten, Outlinks abzuschaffen oder zu herunterzuregulieren (also Links, die auf Inhalte ausserhalb der Plattformen verweisen); wir könnten analog dem deutschen Medienstaatsvertrag Marktanteilobergrenzen für demokratisch wichtige Kategorien festlegen, wie etwa für Gratis-Video-on-Demand oder Search.“

Aber wenn ich einen Blick auf die EU oder das deutsche Parlament werfe, wird mir bei diesem Gedanken eher schlecht.

Und das ist es ja nicht allein.

Um nur ein Thema aufzugreifen: Da werden Millionen vorher fleißige Menschen in Deutschland in Altersarmut geschickt – während eine ständig wachsende Parallelgesellschaft hier unbegrenzt ohne zu arbeiten wie ein Krebsgeschwür wachsen kann und vielfach z.B. in Clans Millionen scheffeln.

Um uns herum in Europa sind 1200 Euro Mindestrente pro Kopf nach dem Arbeitsleben Konsens, hier gibt es Sippenhaft bei der sog. Grundrente.

Aber es hilft kein Jammern und kein Klagen, man kann die Dinge benennen aber der Rest liegt nicht in der eigenen Macht.

Und so werden die Denker es nicht besser machen, denn Geld führt und wie man sieht hier in Deutschland die Fleißigen in Armut und die Anderen in herrliche Zeiten…

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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