Der digitale Rückzug als Rückkehr ins selbstbestimmte reale Leben

Urinflaschen

Früher las ich Bücher und schrieb. Tagsüber hörte ich Radio und abends sah ich selten Fernsehen. Die Zeit dazwischen war mit sozialen Kontakten angefüllt, beruflich und privat.

Dann kamen die sozialen Medien und jeder erzählte was über sich, wo er/sie gerade war, dachte, wollte etc. – erst Facebook, dann Instagram, dann Twitter und dann noch TikTok.

Meine Zeit füllte sich immer mehr mit immer mehr nutzlosen Infos, weg vom Text, hin zum Bild und jetzt zu zeitfressenden Videos ohne echten Inhalt oder Mehrwert – und immer mehr Werbung…

Das Bloggen als Schreiben ist geblieben.

Alles andere ist nun weg, weil es mir persönlich nichts bringt.

Ob ich den ganzen Tag eine Wetterapp habe, die sich dauernd korrigiert oder einmal täglich einen Blick auf die Wettervorhersage werfe, ob ich immer weiß, wer meiner verlinkten Unbekannten wieder einen Gedanken produziert oder ein Foto – alles Augenzeugenillusionen oder Neues ohne Sinn.

Und wenn ich irgendwo digital im Handy bin, klappt ununterbrochen Werbung auf ….

Will ich alles nicht.

Und dann bietet sich die Jahreszeit ja an für Sortieren, Archivieren und Aussortieren.

ACDsee hat mittlerweile mehr als 500.000 Fotos von mir archiviert, davon ca. 150.000 RAW-Dateien. Bleiben 350.000 Fotos seit Beginn meiner systematischen digitalen Aufzeichnungen ab ca. 2005.

Da ich immer meine aktuellen Fotos in Blogbeiträgen verarbeitet habe, weil Fotografie für mich Auseinandersetzung mit der Gegenwart ist, sind diese gesammelten Dateien eigentlich kaum noch nützlich. Und einige regionale Blogs wie bergischdigital und wupperseiten habe ich ja schon geschlossen und gelöscht, weil die Dokumentation regionaler Vorgänge keine Relevanz hat im öffentlichen Leben.

Der Weg in die Zukunft ist der Weg in der Gegenwart, raus aus der vergangenen Zeit aber mit dem Wissen darum.

Bloggen als Reflexion und Präsentation ist sicherlich sinnvoll, wenn nicht der Blog bestimmt, sondern meine Themen den Blog.

Zum Aufhören oder Anfangen ist immer der falsche Zeitpunkt – wie unterwegs beim Pinkeln…

So ist jeder Moment der richtige Augenblick.

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert