Das Dokumentarische in der Fotografie im heutigen Deutschland

 


Der Tüpitter will den Mächtigen medial auf die Finger schauen

Photopia, Photoszene oder Photonews.

Das Englische dominiert, die Welt der Fotografie oder Photographie oder Photography ist international.

Ich habe fast nirgendwo vertiefte fotografische Auseinandersetzungen mit dokumentarischen geschweige denn sozialdokumentarischen Themen aus Deutschland in Deutschland gefunden.

Hartz und herzlich und co. finden als Serien im Fernsehen statt und haben mit thematischer Dokumentarfotografie nichts zu tun.

Das Verschwinden der guten Arbeit  ist hier medial und politisch nicht relevant.

Vielleicht weil es Fotoreporter nicht mehr gibt?

Als ich das Thema Arbeit, Alter und Rente aufgriff, war ich fast der Einzige überhaupt und es wurde fotografisch außer bei mir nicht aufgearbeitet.

Sichtbare Armut in Düsseldorf 2013

Da blieb die Streetfotografie. Aber auch da kommen alle Ansätze und Diskussionen im Grunde aus der nichtdeutschen und fast immer englischen Welt.

Medial verarbeitet finde ich dies immer nur im englischsprachigen Raum. Selbst die in Deutschland gemachte Ausstellung Facing Britain wird nur mit englischen Texten gedruckt.

Deutsche sozialdokumentarische Fotografie wie ich sie zum Beispiel gemacht habe, findet medial und öffentlich einfach nicht statt.

Wahrscheinlich weil sie Wunden und Wirkungen zeigt und die Menschen, die es zu verantworten haben und ausbaden müssen, immer noch da sind.

Ursprünglich habe ich geglaubt, daß es wegen der regionalen Begrenztheit der Ereignisse ist. Mittlerweile denke ich, daß es fehlendes Interesse und Problembewußtsein ist.

Vielleicht ist es auch nur mein Problem bzw. meine Sicht und ich blicke falsch. Das wäre dann aber rein geographisch bedingt, weil es z.B. in Großbritannien und den USA anders ist.

Natürlich ist die Wirkung da auch nicht stärker als die herrschenden Kräfte mit ihren Interessen, aber es wird gemacht und gezeigt und nicht einfach totgeschwiegen.

Und dann wird über diese Themen in den USA etc. sogar in Deutschland geschrieben und es gibt Ausstellungen dazu…

Der Prophet gilt nichts im eigenen Land, fällt mir dazu nur noch ein.

So kann man sogar dokumentieren, daß deutsche sozialdokumentarische Fotografie nicht in dieser Form gefördert wird, zumal wenn sie politisch ist.

Gefunden habe ich das Pixelprojekt Ruhrgebiet als öffentlich geförderte Plattform, nicht als Auftraggeber oder mehr.

Ansonsten gibt es ja nur noch Fotografen für NGOs, die die Welt für Geld aufnehmen und am Elend verdienen.

Die machen auch so gut wie nie deutsche sozialdokumentarische Fotografie und zeigen Themen, die hier wachsen oder soziale Strukturen bilden.

Das ist meine Meinung – aber ich weiß ja auch, daß es immer auf den Blickwinkel ankommt.

Vielleicht sehe ich das ja alles falsch oder ich habe etwas übersehen.

Themen wären ja genug da wie z.B. der Überlebenskampf der Bauern und Handwerker, die Rentner am Limit, entmutigende Widersprüche zwischen Arbeitslohn bei Einheimischen und Asylansprüchen etc.

Aber wer will das schon als Thema in einer Zeit wie dieser?

Und was würde es bewirken? Wo sind Veränderungspotentiale? Wer will es überhaupt verändern?

Meiner Erfahrung nach sind die Menschen schon lange hier nicht mehr revolutionär sondern ruhig.

Elend wird hingenommen. Die Tafeln sind das beste Beispiel aber auch die bösen Ungerechtigkeiten bei der Grundrente oder den Betriebsrenten (besser Betrugsrenten), um nur wenige Punkte zu nennen – vom dauerhaften Scheinasyl ganz zu schweigen.

Es gibt keine Partei und keine soziale Bewegung, die diese entmutigenden Widersprüche ändern will.

Meine Fotos zeigen Realität, die gestern war und viel Soziales heute prägt.

Was sich daraus ergibt, erleben wir gerade. Es liegt an uns, ob wir tatenlos zusehen oder tatkräftig daraus lernen.

Ich empfehle daher Schopenhauer.

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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